Faszination Technik – Lebenslang
Wie eine Kugelsortiermaschine ein ganzes Leben sortiert
von Roland Gröber , Angelika Hofstetter
Wussten Sie, dass die Sammlung des Deutschen Museums weit mehr als 100.000 Objekte umfasst? Davon sind rund 25.000 Exponate derzeit in den Ausstellungen zu sehen: von der riesigen Transall bis zum winzigen Mikrochip, vom allerersten Benzinauto bis zum modernen OP-Tisch. Ganz klar, dass da jeder und jede ein Lieblingsstück hat – wir Mitarbeitende im Deutschen Museum ebenso wie die Gäste. Eine ganz besondere Beziehung beschreibt unser Mitglied Roland Gröber zur Agfa Optima, einer Kamera, die in der Foto und Film ausgestellt ist.
Auf Roland Gröber und die Agfa Optima sind wir gestoßen, als wir unsere Mitglieder nach ihren Lieblingsexponaten gefragt haben. Eine Mitgliedschaft im Deutschen Museum ist - mehr als eine Jahreskarte - eine besondere Möglichkeit, dem Deutschen Museum, allen seinen Standorten und Veranstaltungen verbunden zu bleiben. Wir haben unsere Mitglieder eingeladen sich mit ihren Lieblingsexponaten fotografieren zu lassen und damit ihre Faszination für Naturwissenschaft und Technik und ihre persönlichen Verbindungen dazu zu teilen.
Von Roland Gröber
Nach fast 70-jähriger Beziehung zum Deutschen Museum, als Schüler, Lehrling, Ingenieur- und Hochschul-Student und langjähriges Mitglied ist es fast unmöglich, sich auf ein Lieblingsstück festzulegen. Zu viele faszinierende Exponate machen eine Entscheidung schwer. Zu guter Letzt habe ich mich zwar für die Nebelkammer entschieden, aber zu einem anderen Stück habe ich eine besondere Beziehung: zur Optima von Agfa.
Nach meiner Lehre als Feinmechaniker in einem mittelständischen Betrieb in Starnberg, bewarb ich mich im September 1959 im Agfa Camerawerk München. Dort wurde ich in der Belichtungsmesserfertigung eingesetzt. Es war gerade die Zeit in der die Serienfertigung des ersten automatischen Fotoapparates, der Optima, begann. Der eingebaute Belichtungsmesser, gekoppelt mit einer trickreichen Mechanik, ermöglichte es über eine „magischen Taste“ abhängig von der Motivhelligkeit die richtige Belichtungszeit und Blende automatisch einzustellen. Folgte man der Werbung, dann eröffnete diese Technik „eine neue Ära der Photographie“. Günstig vor dem Weihnachtsgeschäft 1959 auf dem Markt war die Kamera ein Riesenerfolg. Trotz des stolzen Preises von 238 DM konnten innerhalb von 6 Monaten 100.000 Stück verkauft werden. Und ich hatte als Mitarbeiter in der Fertigung der zentralen Belichtungskomponente einen ganz kleinen Anteil an diesem Erfolg. Am 4. Januar 1960 verließ die 100.000 Optima das Band. Dieser Erfolg war Anlass, dass der damalige Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard das Camerawerk besuchte und den Mitarbeitern je ein Paar Weißwürste mit Brezen spendierte. Herrn Erhard habe ich leider nicht gesehen, aber die Weißwürste ließ ich mir gut schmecken.
Nach drei Jahren war bereits die Millionengrenze überschritten. Es folgten noch zahlreiche Optima-Modelle mit Verbesserungen im Laufe der Zeit. Aber die erste „Optima“, ohne Zusatzbezeichnung, war für mich schon etwas Besonderes. Wegen des für mich hohen Preises konnte ich mir diese Kamera damals nicht leisten. Etwas später, als ich sie mir hätte leisten können, war die Kameratechnik der Japaner der deutschen inzwischen weit überlegen.
Da mein Großvater und mein Onkel Fotohändler in München waren, hatte ich auch einen kleinen Einblick in die Vertriebsseite. Auf meine Frage, woher der große Erfolg kam, bekam ich folgende Antwort. Fotoapparate sind ein gewisser Luxusgegenstand, aber für manche doch etwas zu kompliziert. Man kaufte daher eine billige Box, bei der man nur den Auslöser drücken musste. Das Ergebnis war entsprechend. So liefen auch die Gutbetuchten mit so einer billigen Kamera durch die Gegend. Mit der vollautomatischen Optima brauchte man sich nun um nichts mehr kümmern, und – was auch sehr wichtig war - man konnte damit etwas protzen. Vielleicht ein wenig „Wirtschaftswunder“.