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Das Gleiche, aber nicht dasselbe

Heute haben wir einen weiteren Teil unserer Beitragsreihe zu Nano- und Biotechnologie vorbereitet. Es geht um Biosimilars – das sind Nachahmerpräparate für biotechnologisch hergestellte Arzneimittel (Biopharmazeutika), die wir an dieser Stelle bereits einmal erklärt haben (https://blog.deutsches-museum.de/2022/02/04/5-fakten-ueber-biopharmazeutika). Biosimilars kommen auf den Markt, wenn das Patent für das Originalpräparat abgelaufen ist, und dürfen gegenüber diesem keine klinisch signifikanten Unterschiede bezüglich der Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit aufweisen (1).

Biopharmazeutika, und damit auch Biosimilars, bestehen im Gegensatz zu chemisch-synthetisch hergestellten Arzneimitteln aus großen komplexen Proteinen, die in lebenden Zellen hergestellt werden. Ihre Beschaffenheit und ihr Herstellungsverfahren führen zu einzigartigen Eigenschaften jedes einzelnen Produkts. Wir erklären heute anhand von fünf Fakten, was Biosimilars ausmacht.

Auch dieser Beitrag ist entstanden in Zusammenarbeit mit der Amgen GmbH. Das Biotechnologieunternehmen mit Sitz in München unterstützt als Partner den Bereich Nano- und Biotechnologie im Deutschen Museum.

Biosimilars…

… sind keine Generika

Ein Generikum (Plural. Generika) ist ein Nachahmerpräparat eines chemisch-synthetischen Arzneimittels, das genau den gleichen Wirkstoff enthält wie das patentgeschützte Präparat und deswegen genauso wirkt.

Eine identische Kopie eines Biopharmazeutikums herzustellen ist dagegen unmöglich. Biopharmazeutika sind bis zu 1.000-Mal größer als Arzneimittel, die chemisch im Labor hergestellt werden und haben eine sehr viel komplexere Struktur. Sie werden mit Hilfe lebender Zellen und in einem komplizierten, vielschichtigen Herstellungsprozess produziert. Biosimilars sind deshalb „similar“, also ähnlich, aber nicht identisch zum Referenzprodukt. Generika sind folglich identische Kopien, Biosimilars weisen einen sehr hohen Grad an Ähnlichkeit auf (3).

… unterscheiden sich im Herstellungsprozess von ihrem Referenzprodukt

Aufgrund der Größe und Komplexität ist die Herstellung von Biopharmazeutika ein mehrstufiger und aufwändiger Prozess, der sorgfältig überwacht werden muss. Für jedes biopharmazeutisch hergestellte Arzneimittel, also auch für ein Biosimilar, muss ein völlig neuer Herstellungsprozess mit einer einzigartigen Zelllinie entwickelt werden. Jeder Hersteller nutzt hierfür ein eigenes Verfahren, das auch dann geschützt bleibt, wenn der Patentschutz des Produkts abgelaufen ist. Aus diesem Grund unterscheiden sich nicht nur Biosimilar und Referenzprodukt, sondern auch Biosimilars mit gleichen Wirkstoffen, aber von verschiedenen Herstellern (4).

… unterliegen strengen Zulassungsbedingungen

Für die Zulassung von Biosimilars gelten, ebenso wie für biopharmazeutische Originalpräparate, strenge Regulierungen und Standards. Das Biosimilar muss in umfassenden vergleichenden Studien nachweisen, dass es dem jeweiligen Referenzprodukt sehr ähnlich ist und keine klinisch signifikanten Unterschiede in Bezug auf Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit aufweist. Das geschieht schrittweise: zunächst in vergleichenden Qualitätsstudien, welche die Proteinstruktur und biologische Funktion des Biosimilars und seines Referenzprodukts vergleichen. In nicht-klinischen Vergleichsstudien wird dann die Wirkung in Zellen betrachtet und schließlich im letzten Schritt die Biosimilarität in klinischen Vergleichsstudien bestätigt (3).

… können durch Extrapolation einen verkürzten Zulassungsprozess durchlaufen

Ist das Referenzprodukt bereits für die Behandlung mehrerer Krankheitsbilder zugelassen, kann die Methode der sogenannten Extrapolation angewendet werden: Hierbei konnte ein Biosimilar bereits mit dem Referenzprodukt vergleichbare Sicherheit und Wirkung für die Anwendung bei einem bestimmten Krankheitsbild zeigen. Es kann nun durch Extrapolation auch für die weiteren Anwendungen des Referenzproduktes zugelassen werden, ohne dass zusätzliche klinische Studien durchgeführt werden müssen. Biosimilars durchlaufen damit einen verkürzten Zulassungsprozess auf Basis der Zulassung des Referenzprodukts.

… helfen unserem Gesundheitssystem

Seit im Jahr 2006 das erste Biosimilar in der EU zugelassen wurde, steigt ihr Marktanteil kontinuierlich. Als kostengünstige Nachfolgeprodukte erhöhen sie die Anzahl an verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten und erleichtern damit immer mehr Erkrankten den Zugang zu innovativen Therapiemöglichkeiten. Die Kosteneinsparungen, die durch den Einsatz von Biosimilars entstehen, eröffnen zudem an anderer Stelle im Gesundheitssystem mehr finanziellen Spielraum. Biosimilars leisten damit einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Gesundheitsversorgung (5).

Referenzen:

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Autor/in

Margherita Kemper

Ist promovierte Biologin und zuständig für den Bereich Life Sciences. Dies umfasst nicht nur die spannende Sammlung an Laborgeräten sondern auch die Leitung des DNA-Besucherlabors im Zentrum Neue Technologien. Hier können Interessierte selbst an Laborgeräten unter Anleitung experimentieren und PCR, DNA-Isolation und Antigentests kennenlernen.

Ihr Tipp – Im Untergeschoss der neuen Eingangshalle finden Sie seit kurzem eine Highlight-Ausstellung zu aktuellen Themen der Nano- und Biotechnologie. Hier können Sie sich zu spannenden Themen wie PCR, Rasterkraftmikroskope oder über die Genschere CRISPR/Cas informieren.

Christine Kolczewski

Christine Kolczewski leitet das Zentrum Neue Technologien (ZNT) und ist Kuratorin für Nano- und Biowissenschaften. Neben der Betreuung und Aktualisierung der Sammlung und Ausstellung zur Nano- und Biotechnologie gehört auch die Entwicklung und Planung von Veranstaltungen zum Thema Neue Technologien zu ihren Aufgaben.

Außerdem leitet sie die Abteilung Ausstellungsprojekte Sonderausstellungen und ist Ansprechpartnerin für alle großen und kleinen Sonderausstellungen auf der Museumsinsel.

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