Nachdem Sie im letzten Teil unserer Beitragsreihe zur Nano- und Biotechnologie erfahren haben, wie Biopharmazeutika hergestellt werden, vertiefen wir heute dieses spannende Thema noch einmal. Lernen Sie in fünf Abschnitten spannende Hintergründe über diese Arzneimittel, die durch ihre innovativen Behandlungsmöglichkeiten schon einen großen Anteil am Pharmamarkt ausmachen.
Auch dieser Beitrag ist entstanden in Zusammenarbeit mit der Amgen GmbH. Das Biotechnologieunternehmen mit Sitz in München unterstützt als Gründungspartner das Zentrum Neue Technologien und die Ausstellung Nano- und Biotechnologie.
Biopharmazeutika sind nicht ganz neu, werden für die Gesundheitsversorgung aber immer wichtiger. Besonders für neuartige Therapiemöglichkeiten spielen sie eine wichtige Rolle. Das spiegelt sich auch im aktuellen Branchenreport wider. So waren Ende 2020 in Deutschland insgesamt 339 Biopharmazeutika zugelassen. 25 Neuzulassungen für Originalprodukte und Biosimilars, also Nachahmerprodukte biotechnologisch hergestellter Arzneimittel, wurden im letzten Jahr erteilt. Der Marktanteil biotechnologischer Arzneimittel am Gesamtpharmamarkt steigt damit auf fast 31 Prozent1. Aber was unterscheidet diese Arzneimittel eigentlich von herkömmlichen Arzneimitteln? Wir erklären es in fünf spannenden Fakten über Biopharmazeutika.
Viele Arzneimittel, wie zum Beispiel Acetylsalicylsäure, bestehen aus wenig komplexen, kleinen Wirkstoffen, sogenannten small molecules (kleine Moleküle oder niedermolekulare Verbindungen). Sie können relativ schnell und einfach im Labor hergestellt werden. Biopharmazeutika wie Insulin oder monoklonale Antikörper hingegen sind 200- bis 1000-Mal größer als kleine Moleküle und haben eine komplexe Struktur. Sie sind ähnlich oder identisch zu natürlich vorkommenden Proteinen unseres Körpers und ihre Produktion ist weitaus komplizierter als die von small molecules.
Alle Werkzeuge zur Herstellung der komplexen Biopharmazeutika befinden sich in unseren Zellen. Wir müssen ihnen lediglich die „Bauanleitung“, die genetische Information, für den neuen Wirkstoff geben. Um diese Bauanleitung in die Zellen hineinzubekommen, gibt es sogenannte „Transfektionsreagenzien“. Diese umhüllen das Erbgut mit der Information für das zu produzierende Protein und bringen es in die Zelle. Zur Produktion biopharmazeutischer Wirkstoffe werden neben menschlichen Zellen auch Bakterien oder Hefen verwendet. Nach der Wirkstoff-Synthese wird das Biopharmazeutikum aus den Zellen extrahiert und gereinigt.
Für biomedizinische Experimente und die Produktion von Biopharmazeutika müssen Säugetierzellen in Nährmedium überleben und sich teilen können. Dies gelang einem Forscher erstmals 1957 mit Eizellen chinesischer Hamster2. Die Zellen heißen dementsprechend CHO-Zellen, abgekürzt für Chinese Hamster Ovary. Weil Zellen dieser Zelllinie in Kultur schnell wachsen und Proteine in großen Mengen produzieren können, werden sie auch heute noch in vielen Laboren verwendet. Die verwendeten Zellen stammen dabei alle von dem einen Ursprungshamster aus den fünfziger Jahren ab. Man weiß also genau, wie die Zellen sich verhalten und erhält konstante Ergebnisse.
Kleine Moleküle, wie Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen, sind stabil und werden meist oral als Tablette oder Saft eingenommen. Über den Magen-Darm-Trakt gelangen sie anschließend in den Blutkreislauf, über den sie zum Zielort transportiert werden und ihre Wirkung ausüben. Biopharmazeutika hingegen sind aufgrund ihres Aufbaus sehr sensitiv und fragil, ihre Eiweißstruktur würde durch die Magensäure zerstört werden. Aus diesem Grund werden sie mit einer Spritze injiziert oder gelangen durch eine intravenöse Infusion direkt in den Blutkreislauf.
In den letzten Jahren stieg die Anzahl der biotechnologisch hergestellten Arzneimittel auf dem Markt. 2020 betrug der Anteil der Biopharmazeutika gemessen an allen Arzneimittel-Neuzulassungen in Deutschland 45 Prozent. Insgesamt 657 biopharmazeutische Wirkstoffe wurden vergangenes Jahr in klinischen Studien getestet. Insbesondere in den Bereichen Onkologie und Immunologie gewinnen Biopharmazeutika immer mehr an Bedeutung und ergänzen herkömmliche Therapien. Auch der Stellenwert von Biosimilars, den Nachahmerpräparaten von originalen Biopharmazeutika, nimmt seit Jahren stark zu1. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Gesundheitsversorgung und erleichtern den Zugang zu innovativen Therapieansätzen.
In unserer derzeit im Umbau befindlichen Ausstellung zur Nano- und Biotechnologie können Sie demnächst einiges über Biopharmazeutika und ihre Herstellung lernen. Anhand von Exponaten zeigen wir, wie es überhaupt möglich ist, Erbinformation zu entschlüsseln, zu analysieren und anschließend so zu verpacken, dass sie in einer Zelllinie das gewünschte Biopharmazeutikum herstellt.