Vom Brauhandwerk zur Wissenschaft
Steinheils Hoffnung sollte nicht in Erfüllung gehen. Der optische Gehaltsmesser stellte zwar die erste funktionierende physikalische Methode dar, um die chemische Zusammensetzung von Flüssigkeiten zu analysieren und fand großen Anklang in Regierungskreisen. Neben der Kritik von Fachkollegen, die zum Teil eigene Methoden vorgestellt hatten, erfuhr Steinheil jedoch vor allem Ablehnung von den Münchener Brauern - deren Biere er zuvor öffentlich als ‚nicht tarifmäßig‘ getestet hatte. Diese wehrten sich vehement und mit Erfolg gegen eine Einführung des Gehaltsmessers als amtliche Bieruntersuchungsmethode.
In den folgenden Jahrzehnten führte die intensive Beschäftigung mit der Gehaltsbestimmung des Bieres zu einer umfangreichen wissenschaftlichen Erforschung des Gärprozesses. Damit wurde die Basis geschaffen, um in Bayern vom traditionellen Brauhandwerk zur industriellen Bierproduktion zu gelangen.
Steinheils Messmethode wurde - trotz der Startschwierigkeiten - im Laufe der Zeit ausgebaut, um verschiedenste Materialien analysieren zu können: Heute ist sie unter dem Namen Refraktometrie bekannt und wird zur Untersuchung von Bier, Milch und Most verwendet, aber auch zur Echtheitsprüfung von transparenten Edelsteinen.
Das Original im Deutschen Museum
Das Deutsche Museum erhielt kurz nach seiner Gründung drei Steinheil-Refraktometer, die 1905 gemeinsam mit der mathematisch-physikalischen Sammlung von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an das Deutsche Museum gestiftet wurden. Wie viele andere Exponate aus der Gründungssammlung verdeutlichen sie die Nähe der Wissenschaft des 18. und 19. Jahrhunderts zu den praktischen Problemen ihrer Zeit. So schrieb schon Steinheil in einem Tagebucheintrag: „Steril ist die Wissenschaft, die nur Wissen schafft. Doch sie wird zur Schöpferkraft, wenn sie durch Wissen schafft.“