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Wenn Jahr für Jahr Millionen von Einheimischen und Touristen das Münchner Oktoberfest feiern, wacht unübersehbar an der Westflanke der Theresienwiese die riesige „Mama Bavaria“ über das Spektakel. 18,52 Meter misst die Statue - der größte Bronze-Hohlguss der Welt - und ihre Entstehungsgeschichte ist auch mit dem Deutschen Museum verknüpft.

Die Geschichte der Bronze-Bavaria beginnt zu Zeiten Ludwig I. vor etwa 180 Jahren. In seinem Streben nach politischer Einheit und Größe war der König auf Anregung seines Architekten Leo von Klenze leicht von der Errichtung einer Ruhmeshalle mit dazugehöriger Patronin zu überzeugen. In der erhobenen linken Hand sollte sie einen Ruhmeskranz halten, zu Ehren der Männer, die sich um Bayern verdient gemacht haben und deren Büsten sich in der Ruhmeshalle befinden. Nach dem Gipsmodell des Bildhauers Ludwig Schwanthaler sollte die Bavaria in der königlichen Erzgießerei in der Nymphenburger Straße in Bronze gegossen werden. Nach dem Tod des Gießereileiters Johann Baptist Stiglmaier übernahm ab 1844 dessen Neffe Ferdinand von Miller – Vater des Museumsgründers Oskar von Miller - das Projekt.

Die Statue war so groß, dass sie nicht in einem gegossen werden konnte. Deshalb musste von Miller vier Teilgüsse herstellen: den Kopf, die Arme, die Brust und das Unterteil. 
Am 14. Dezember 1844 wurden der König und zahlreiche weitere Gäste eingeladen, um dem Aufziehen des Bavariakopfes aus der Erzgrube, welches von der Münchner Liedertafel musikalisch untermalt wurde, beizuwohnen. Als besondere Überraschung für Ludwig I. hatte von Miller einige Arbeiter im Kopf der Bavaria versteckt, die beim Heraufziehen des Kopfes in ein dem König gewidmetes „Lebehoch“ einstimmten. Hofmaler Wilhelm von Kaulbach hat das spektakuläre Aufziehen in seinem Gemälde „Guss der Bavaria“ dokumentiert. Das Bild befand sich zeitweise im Deutschen Museum, bevor es 1980 an die Bayerische Staatsgemäldesammlung  zurückgegeben wurde.
Die Enthüllung der fertigen Bavaria fand während des Oktoberfests am 9. Oktober 1850 statt. Gefeiert wurde mit einem riesigen Festzug und Tausenden von Zuschauern, die sangen und jubelten. Zu dieser Feierlichkeit äußerte sich der gerührte Ludwig I., der zwei Jahre zuvor wegen seiner Affäre mit Lola Montez abgedankt hatte, folgendermaßen: „Ich stehe in meinem 64. Jahre, und habe viel Schönes gesehen, und viel Frohes erlebt, aber das Schönste und Froheste heute!“
Heute ist die Bavaria längst ein Wahrzeichen für München bzw. Bayern. Jährlich findet am zweiten Wiesn-Sonntag traditionellerweise das Standkonzert zu Füßen der Patronin statt, auf welchem alle Bierzelt-Kapellen und viele zusätzliche Musiker vom Münchner Bürgermeister oder anderen namhaften Stadträten dirigiert werden. Zum krönenden Abschluss werden Tausende von bunten Luftballons vor den Augen der Bavaria in den bayerischen Himmel geschickt.

1907 veranlasste Oskar von Miller einen originalgetreuen Nachguss der rechten Hand der Statue. Er wurde in der Königlichen Erzgießerei Ferdinand von Miller angefertigt, aus demselben Material wie das Original (92 % Kupfer, 5 % Zink, 2 % Zinn, 1 % Blei). Der Guss hat eine Wandstärke von 4 bis 8 Millimetern und wiegt 420 Kilogramm. Die Hand ist seither in der Metalle-Sammlung des Deutschen Museums zu besichtigen.

Autor/in

Marina Fritz

Marina Fritz hat im Sommer 2017 als Praktikantin im Deutschen Museum für eine Bildrecherche dieses Kaulbach-Gemälde entdeckt. Fasziniert von der Kraftanstrengung der Herren und dem herrschaftlichen Erzgießer hat sie die Geschichte recherchiert - und pünktlich zum Wiesn Beginn wird sie jetzt erzählt.