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Praktikantin Louisa Knörrich über den Presserundgang mit VdK-Präsidentin Verena Bentele zum Thema Barrierefreiheit.

Barrierefreiheit ist etwas, was ich persönliches schon immer als wichtig empfand. Alle Menschen haben das Recht, uneingeschränkt am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzuhaben. Darum hat es mich auch sehr gefreut zu sehen, dass sich das Deutsche Museum darum bemüht, für alle Menschen zugänglich und erlebbar zu sein. Denn das ist leider immer noch nicht überall so selbstverständlich.

Im Rahmen meines Praktikums am Deutschen Museum konnte ich jetzt einen Presserundgang begleiten, bei dem Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK – und von Geburt an blind, durch die Ausstellungen geführt wurde. Wobei ich Benteles Reaktionen auf die barrierefreien Angebote, die ihr präsentiert wurden, erst einmal in einer riesigen Traube von Medienleuten gar nicht so richtig mitverfolgen konnte. Der riesige Andrang war für mich eine positive Überraschung und spricht für das große Interesse am Thema Barrierefreiheit.

Der Rundgang startete bei den verkleinerten Metallmodellen der Junkers F13 und des Flugboots „Libelle“ in der Luftfahrtausstellung. Fasziniert sagte Verena Bentele: „Ein Wasserflugzeug habe ich mir nie vorstellen können.“ Die Aussage überraschte mich erst einmal, aber klar, wie sollen blinde Menschen denn eine Vorstellung von solchen Dingen haben? Deshalb ist es ja so toll, dass das Museum nun den Menschen auf alternativen Wegen Technik und Wissenschaft näherbringt.

„Hier wird großen Wert darauf gelegt, die Vielschichtigkeit von Bildern und Objekten auch Menschen, die nicht sehen können, zugänglich zu machen. So habe ich das noch nie erlebt und gefühlt wie hier. Das ist schon etwas Besonderes.“
VdK-Präsidentin Verena Bentele

Grundsätzlich wird man sich bei einer solchen Veranstaltung erst mal bewusst, wie viel zu Barrierefreiheit, vor allem in einem Museum, dazu gehört. Das sind nicht nur Aufzüge für Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen oder Beschreibungen in Brailleschrift. Und auch menschliche Begleiter geben in ihren Beschreibungen für Blinde oft nur unvollständige Informationen. Deswegen sind die tastbaren Objekte für das Entdecken und Erleben so wertvoll – wie auch beim nächsten Stopp in der Ausstellung „Bild Schrift Codes“ noch mal deutlich wurde.

Vincent van Gogh ist einer meiner Lieblingskünstler, seine Werke sind einfach unglaublich faszinierend. Van Goghs ,,Sonnenblumen‘‘ sind weltweit bekannt und beinahe jeder hat das Motiv mit Sicherheit schon einmal gesehen. Sofern man sehen kann. Auch Verena Bentele waren die berühmten Sonnenblumen ein Begriff. Bei dem Rundgang konnte sie sich jetzt zum ersten Mal ein Bild davon machen – mit Hilfe eines bronzenen Tastreliefs, das eigens in den Werkstätten des Museums für die Ausstellung „Bild Schrift Codes“ angefertigt wurde. Bentele spürte den Formen begeistert mit den Händen nach: „Hier wird großen Wert darauf gelegt, die Vielschichtigkeit von Bildern und Objekten auch Menschen, die nicht sehen können, zugänglich zu machen. So habe ich das noch nie erlebt und gefühlt wie hier. Das ist schon etwas Besonderes.“

Der Rundgang führte noch zu vielen weiteren Angeboten in viele verschiedenen Ausstellungen, von der tastbaren Oberschenkelfraktur in der Gesundheit über die Traktormodelle in der „Landwirtschaft und Ernährung“ bis zum Tastbuch im Kinderreich. Auch von diesen Ausstellungsstücken war Verena Bentele komplett überzeugt.

Das neue Tastbuch „Oh Schreck, Elise ist weg“ handelt von einer Eule, die auf der Suche nach ihrer Freundin, dem Schaf Elise, ist. Es wurde in den museumseigenen Werkstätten für die jungen Besuchenden des Museums hergestellt. Verena Bentele nahm sich die Zeit, das Buch zu lesen und war davon komplett hingerissen: „Wahnsinn, wie schön und filigran das gemacht ist!‘‘ Als sie selbst noch ein Kind war, hatte sie nur ein einziges Tastbuch: „Es gab nichts, als ich klein war, das war sehr schade. Ich hätte mir als Kind echt gewünscht, dass es so was gibt. Eine schöne Idee.“ Diese Aussage hat mich sehr berührt. Seit ich klein bin lese ich unglaublich gerne, ich habe immer ein Buch bei mir, egal wo ich hingehe. Für mich würde ein unglaublich wichtiger Teil meines Lebens verloren gehen, wenn ich keine Bücher mehr lesen könnte.

Während Verena Benteles Besuch habe ich immer mehr gemerkt, an wie vielen Ecken der Gesellschaft Menschen mit Behinderungen benachteiligt und vergessen werden. Sobald man sich einmal mit dem Thema beschäftigt hat, hat man automatisch einen anderen Blick auf alles und einem fallen bestimmte Sachen eher auf. Das Gute ist aber, für fast alles gibt es einen Weg, es für alle auf irgendeine Art und Weise zugänglich zu machen. Das Deutsche Museum arbeitet ständig daran, das Haus und die Ausstellungen zu verbessern und für alle Gäste erlebbar zu gestalten. Aber nicht nur die Angebote für Menschen mit Behinderungen müssen ausgebaut werden, sondern auch das Mindset der Menschen. Barrierefreiheit muss zuerst in den Köpfen ankommen um eine faire Gesellschaft für alle Menschen zu schaffen. Genauere Informationen zu Barrierefreiheit und Angeboten gibt es auf der Website des Museums: https://www.deutsches-museum.de/museumsinsel/besuch/barrierefreiheit

Mich freut es sehr, dass auch Menschen mit Einschränkungen hier im Deutschen Museum die Chance haben, neue Erfahrungen zu machen, die sie sonst vermutlich nie gemacht hätten. Kunst, Wissenschaft, Kultur sollten alle Menschen begeistern und inspirieren. Mein Großvater besuchte als junger Mann das Deutsche Museum und traf dort die Entscheidung, Maschinenbau zu studieren. Die Ausstellungen inspirierten ihn so sehr, dass sie seine Berufswahl und somit sein ganzes Leben beeinflussten. Da macht es einen schon traurig, wenn man darüber nachdenkt, wie viele Menschen diese Erfahrung nicht machen konnten und immer noch nicht können, weil noch viel zu viele Barrieren den Zugang zu vielen Bildungseinrichtungen erschweren. Das Deutsche Museum ist mit seinen verschiedensten barrierefreien Angeboten auf einem sehr guten Weg, diese Hürden abzubauen und „Wissen erleben“ für wirklich alle möglich zu machen.

Autor/in

Louisa Knörrich

Louisa Knörrich ist Studentin der Ethnologie an der Ludwigs-Maximilians-Universität und macht derzeit ein Praktikum in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Museums.  

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Die Deutsches Museum App herunterladen und damit die Highlights im Museum entdecken. Hier kann man sich auch Informationen in Einfacher Sprache oder Deutscher Gebärdensprache anhören und sich Audiodeskkriptionen anhören.

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