Anja Gritscher
Anja Gritscher ist Auszubildende in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Hinter den Kulissen , barrierefrei , Erwachsene , Familie und Kinder , Jugendliche / junge Erwachsene , Sonderprogramm /Aktionstag
von Anja Gritscher
Dem Deutschen Museum liegt viel daran, auch geistig oder körperlich behinderten Menschen die Faszination von Naturwissenschaft und Technik zu vermitteln.
Darum werden in regelmäßigen Abständen Führungen für Besucher mit Handicap – von Demenz oder Gehörlosigkeit bis zu Sehbehinderungen - angeboten. Für jede dieser Gruppen wird ein passendes Führungsprogramm für alle Sinne ausgearbeitet - und getestet.
Für die Gruppe an diesem Tag in der Schifffahrt stellt Jobst Broelmann zuerst ein neues Ausstellungstück vor, erklärt einiges dazu und versucht Details zu beschreiben, um den Besuchern dadurch noch eine bessere Vorstellung davon zu geben. „Der Fischewer Maria wurde 70 Jahre zur Hochseefischerei genutzt, was man vor allem an dem Zustand des Holzes spürt, es fühlt sich schon sehr abgenutzt an und man kann die Löcher eines Holzwurmes fühlen“. Dabei fällt auf, dass er viel langsamer und lauter spricht als sonst, damit sich die Sehbehinderten an der Akustik besser orientieren können.
Um den Rundgang lebendiger zu machen, hat der Kurator auch kleinere Holzschiffe zum Anfassen dabei, anhand derer er Grundlegendes der großen Schiffe veranschaulicht.
Die Besucher tasten sich so von Exponat zu Exponat und stellen immer wieder zwischendurch gut durchdachte Fragen. „Wie wurden die Schiffe damals navigiert? Nur mit einem Kompass?" Ich spüre, wie in meiner eigenen Wahrnehmung, die Einschränkung der Besucher in den Hintergrund tritt - und eigentlich ist es wie immer - unsere Museumsexponate machen Geschichte lebendig und bieten Einstiegspunkte für alle Menschen.
Eine junge Frau, die noch Farben und Formen erkennen kann, sagt plötzlich: „Die Segel sind ja so schmutzig!“ „Und damit hat sie Recht“, erklärt Broelmanm, „denn die Segel wurden überwiegend aus Baumwolle hergestellt. Baumwolle geht ohnehin farblich gesehen ins Gelbliche und da die Segel entsprechend alt sind, ist das nicht verwunderlich.”
Natürlich bringt Broelmann seine Gäste nur zu den „offenen“ Exponaten, denn die Vitrinen haben bei einer Tastführung wenig zu bieten. Aber auch so reicht die angesetzte Zeit kaum, um die ganze Abteilung zu erkunden – und die Truppe entschließt sich spontan, die Führung zu verlängern. So geht es nach eineinhalb Stunden noch weiter mit den Fingern über Rümpfe, Taue, Segel und Co.
Im Rahmen des Wissenschaftsjahrs 2016/2017 „Meere und Ozeane“ bietet das Deutsche Museum eine Tastführung für sehende und nichtsehende Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung Schifffahrt an.