Die Route des Rennens
Die erste große Etappe führte die Teilnehmer durch die USA, auf einer Strecke etwas nördlich des 40. Breitengrades, im Osten durch Albany, Buffalo, Cleveland, Chicago, im Westen durch Omaha, Columbus, Ogallalla und die Rocky Mountains, dann etwas südlicher nach San Francisco. In Abwandlung der ursprünglichen Pläne – es drohte infolge eines mehrfach verschobenen Starts zu warm zu werden, um über Eis zu fahren - wurde die Fahrtroute von hier an geändert. Fahrzeuge und Mannschaften wurden statt nach Alaska von Seattle nach Wladiwostok verschifft und setzten ihre Fahrt auf dem eurasischen Kontinent durch das südlichere Sibirien fort, vorbei am Baikalsee, durch die Taiga, schließlich über Moskau, St. Petersburg, Königsberg und Berlin nach Paris. Einzig George Schuster erlaubte sich einen Abstecher mit dem Schiff nach Valdez, nur um zu berichten, dass es unmöglich war, mit dem Auto Alaska zu bereisen. Später wurden ihm dafür 15 Bonustage gutgeschrieben.
Die großen Herausforderungen
Aber auch der Winter in den nördlichen Staaten der USA hatte den Teilnehmern manche Herausforderung zu bieten. Kilometer über Kilometer mussten sie sich den Weg freischaufeln oder von Bauern räumen lassen. Die erste Gruppe auf einem 1-Zylinder Sizaire-Naudin schied so schon am ersten Tag aus. Als es wärmer wurde, erwarteten die Fahrer dagegen überall morastige Straßen und Sümpfe in denen die Wagen förmlich versanken. Einen Ausweg boten in dieser Welt ohne geeignete Straßeninfrastrukturen einzig die Eisenbahntrassen, wie die Strecken der Union Pacific oder der Transsibirischen Eisenbahn. Das Holpern über Schwellen nahm allerdings die Wagen über Gebühr in Anspruch, zog geplatzte Reifen, zerschundene Getriebeeinheiten, Materialbrüche nach sich. Schwere Pannen hielten die Betroffenen oft über Tage an einem Ort fest, wo sie auf Ersatzteile warteten oder mit Hilfe der örtlichen Schmiede versuchten, ihre Fahrzeuge wieder in Gang zu setzen. Auch das Fehlen von Brücken warf große Probleme auf. Als weitere Herausforderung gestaltete sich die Versorgung mit Benzin. Zwar hatte die Rennleitung Depots einrichten lassen, die aber oft weit auseinanderlagen oder nicht zugänglich waren. Deshalb mussten sich die Teilnehmer selbst mit Treibstoff bevorraten. Durch die dauernden Belastungen, das gefürchtete Rocky Mountain-Fieber und Malaria-Mücken erkrankten einige Teilnehmer zudem schwer.
Irrtümlich Sieger, dann zweiter Platz für Protos
Unter diesen Umständen erreichten letztlich nur drei Mannschaften das Ziel. Nach einem hart umkämpften Rennen, das sich der Thomas Flyer und der Protos auf ihrer Reise durch Sibirien und Europa lieferten, wo sie wechselweise in Führung lagen und wieder zurückfielen, erreichte der Protos am 26. Juli 1908 als ersterWagen das Ziel. Schon in Berlin als Sieger gefeiert, mussten sich Koeppen und seine neuen Begleiter jedoch mit dem zweiten Platz begnügen, denn die Protosmannschaft war nicht über San Francisco gefahren, sondern wegen eines schweren Wagendefekts mit der Eisenbahn von Ogden nach Seattle gereist, was dem Team 15 Straftage eintrug. Zum Sieger des Rennens wurde das Team auf dem Thomas Flyer erklärt, das Paris vier Tage später erreichte. Als dritter Sieger folgte im September der Züst.
Hans Koeppen nahm es nach anfänglichem Ärger vergleichsweise sportlich. Für ihn hatte die Langstreckenfahrt vor allem bewiesen, dass das Auto eine große Zukunft als Reiseverkehrsmittel vor sich hatte. In seiner persönlichen Biographie, war das „Great Race“, wie es in den USA genannt wurde, der unwiederbringliche Höhepunkt. Das Rennen faszinierte jedoch nicht nur viele Zeitgenossen, sondern auch Generationen von Auto- und Motorsportliebhabern. In den 1960er Jahren bot es die Vorlage für den Hollywood-Film das „Große Rennen rund um die Welt“ und wurde für das Jubiläum 2008 erneut dokumentarisch verfilmt.
Spektakuläre Werbetour für den Automobilismus
Tatsächlich bedarf es keines Enthusiasmus für den Motorsport, um zu erkennen, dass das automobile Event von 1908 ebenso wie sein Vorläufer Paris-Peking ein nachhaltig wirkendes Ereignis auf dem Weg der Verbreitung des Automobils war. Es belegte nicht nur, dass man sich mit einer genügenden Portion Hartnäckigkeit, Organisationstalent und technischem Geschick im Auto um die Welt bewegen konnte. Das Rennen war nach zeitgenössischen Maßstäben auch ein großes Medienereignis und damit rückwirkend betrachtet eine spektakuläre, breitenwirksame Werbetour für den Automobilismus. Dem entspricht, dass wohl drei der Teilnehmerfahrzeuge bis heute erhalten sind: der Thomas Flyer im National Automobile Museum, in Reno, USA, der Protos gehört seit 1911 zur Sammlung des Deutschen Museums und ist im Verkehrszentrum ausgestellt. Der italienische Teamwagen Züst hatte lange Zeit unerkannt bei privaten Sammlern in den USA überlebt und wurde erst zur 100-Jahrfeier des Rennens 2008 wieder an die Öffentlichkeit gebracht.