Beschlagnahmt oder vielleicht doch geschenkt?
Unklar bleibt bisher leider auch, unter welchen Umständen das Flugzeug in die Hand der Deutschen Besatzer kam. Im Fall der D 20 ist bislang nur gesichert, dass diese am 16.3.1937 bei den Marinefliegern ausgemustert wurde. Das Flugzeug muss anschließend aber nicht unmittelbar verschrottet worden sein. Die stillgelegte Maschine könnte auch beim Marineluftfahrtdienst verblieben sein und dort dann im Mai 1940, wie es im Geheimdienstbericht heißt, von den Deutschen „gefunden“ worden sein.
Im Fall der D 28 müsste sich dieses „gefunden“ auf den Hangar in Schiphol beziehen, in dem die D 28 damals eingelagert war. Belegt ist, dass Hermann Göring die D 28 am 25. Mai 1940 in Schiphol besichtigt hat und dass es zu Beginn der deutschen Besatzung einen Transport des Flugzeugs gab. – Bedeutet das, dass die D 28 damals beschlagnahmt wurde? Nicht unbedingt: Den niederländischen Luftfahrthistorikern Jan Hagens und Ab. A. Jansen zufolge ist der Besuch Görings in Schiphol am 25. Mai 1940 nämlich weit weniger feindselig verlaufen als man vermuten würde: So soll „der äußerst wohlwollende Göring“ dem Direktor der staatlichen Fluggesellschaft KLM, Albert Plesman, umgehend versichert haben, alle Schäden zu ersetzen, die durch die Bombardierung des Flughafens in den Tagen zuvor entstanden waren. Am Abend dinierten Deutsche und Niederländer gemeinsam im Hotel Amstel: „Der korpulente Deutsche [Göring] konnte ein äußerst charmanter Gastgeber sein und die Stimmung war ausgezeichnet.“ Am Tag darauf soll Plesman seine Mitarbeiter angewiesen haben: „Tun Sie alles für diese Leute, in drei Monaten werden wir wieder fliegen!“ In der Folge kooperierte die KLM mit den Besatzern. Auch der mit Plesman befreundete Vorsitzende des niederländischen Luftfahrtverbands KNVvL, der die D 28 1937 in Schiphol eingelagert hatte, Marinus Hendricus Damme, kooperierte in seinem Hauptberuf als Generaldirektor des niederländischen Staatsbetriebs für Post, Telegrafie und Telefon mit den deutschen Besatzern. Vor diesem Hintergrund scheint es nicht ausgeschlossen, dass die Spitzen der niederländischen Luftfahrt die D 28 Göring (bzw. den Deutschen) damals möglicherweise von sich aus überlassen haben, um sich mit den neuen Herren gut zu stellen. Was auch erklären würde, warum der KNVvL nach Kriegsende zwar die beschlagnahmten Sportflugzeuge seiner Mitglieder von Deutschland zurückforderte, nicht aber die D 28. Ob es tatsächlich so war, ist aber keineswegs gesichert.