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Am 10. Dezember wurden im Stockholmer Konzerthaus die Nobelpreise des Jahres 2019 verliehen. In einer kurzen Reihe stellen wir Ihnen hier auf dem Blog die drei naturwissenschaftlich-technischen Preise für 'Physik', 'Chemie' und 'Physiologie oder Medizin' sowie ihre Preisträger etwas genauer vor. Wie jedes Jahr können Sie diese Informationen aber auch im Museum nachlesen. Direkt am Eingang zur Physik-Abteilung befinden sich unsere Nobelpreis-Tafeln.

Der Nobelpreis für Physik „für theoretische Erkenntnisse in der physikalischen Kosmologie”

James Peebles als Wegbereiter der physikalischen Kosmologie

James Peebles ist ein Urgestein in der kosmologischen Forschung. Er widmete sich schon in den 1960er Jahren dieser Forschungsrichtung. Damals galt die Beschäftigung mit dem größten Ganzen noch als Randgebiet der Wissenschaft. Es gab einige Theorieansätze aber zu wenige Beobachtungen. Das physikalische Verständnis des Kosmos, das mit der Gravitationstheorie von Einstein Anfang des 20. Jahrhunderts seinen Anfang genommen hatte, steckte noch immer in den Kinderschuhen. Besonders zwei Thesen über die Entwicklung des Universums wurden damals diskutiert: Das Steady-State-Modell von Fred Hoyle, Thomas Gold und Hermann Bondie und das Urknall-Modell von dem belgischen Priester und Physiker Georges Lemaître. Beide Ansätze waren grundverschieden: Beim Steady-State-Modell war der Kosmos im Großen schon immer so, wie wir ihn heute kennen und wird sich auch nie verändern, beim Urknall-Modell fing alles mit einem sehr dichten, heißen Anfangszustand an und das Universum dehnt sich seither aus, daher der Vergleich mit einer Explosion.

Die Debatte um das richtige Modell unseres Kosmos erreicht in den späten 1950er Jahren einen Höhepunkt. Zu dieser Zeit studierte James Peebles an der University of Manitoba (Abschluss 1959) und promoviert 1962 bei Robert Dicke an der Princeton University. Unter dem Einfluss seines Doktorvaters wechselte Peebles zur Kosmologie und konnte 1965 die Entstehung der Mikrowellenstrahlung erklären, die aus allen Richtungen auf die Erde trifft. Diese Strahlung, die 1964 von Arno Penzias und Robert Wilson entdeckt worden war, gilt heute als der stichhaltigste Beweis für die Gültigkeit des Urknall-Modells. Es handelt sich bei der Strahlung um ein Relikt aus einer Zeit, als der Kosmos noch ein heißer Feuerball war. Zwar hatte schon der russische Physiker George Anthony Gamow zusammen mit anderen Kernphysikern in den späten 1940er Jahren die Entstehung der heute beobachtbaren Mikrowellenstrahlung in einem heißen Urknall vorhergesagt, diese wissenschaftliche Erkenntnis war aber in Vergessenheit geraten. Peebles blieb während seiner ganzen späteren Karriere der physikalischen Kosmologie treu, er lieferte wichtige Beiträge zur Urknall-Nukleosynthese und zur Strukturbildung im Universum. Außerdem beschäftigte er sich mit der Dunklen Energie und der Dunklen Materie und war damit einer der Wegbereiter des Standard-Modells der Kosmologie. Beim heute favorisierten, so genannten  ΛCDM-Modell wird davon ausgegangen, dass die gesamte Materie und Strahlung anfangs homogen, sehr dicht und heiß war, in der Folge mit dem gesamten Kosmos expandiert ist und sich dabei abgekühlt hat. Kalte Dunkle Materie (CDM) zog nach und nach die heute im Kosmos sichtbaren Strukturen zusammen – Sterne, Galaxien und Galaxienhafen entstanden. Die so genannte dunkle Energie (Λ) ist dafür verantwortlich, dass der Kosmos heute beschleunigt expandiert.

Entdeckung von Exoplaneten

Sind wir alleine im Universum oder gibt es entfernt von der Erde noch Leben im Kosmos? Noch kann die Wissenschaft diese Frage nicht beantworten, aber sie nähert sich langsam an. In unserem Sonnensystem ist man bisher nicht fündig geworden. Raumsonden haben unsere Nachbarplaneten besucht und dort wenig entdecken können, was auf Leben hindeutet. Also sucht man bei den Sternen weiter. Die Entfernung zum  nächsten Stern ist mit 4,2 Lichtjahren aber bereits so groß, dass man Planeten, die diesen oder weiter entfernte Sterne umkreisen, nur in Ausnahmefällen direkt beobachten kann. Es gibt aber verschiedene andere Methoden, mit denen man trotzdem Exoplaneten findet (als Exoplaneten bezeichnet man Planeten, die um andere Sonnen ihr Bahnen ziehen). Die beiden bisher erfolgreichsten Methoden sind:

  1. Beobachtung der Helligkeitsschwankungen: Wenn ein Planet vor der Sonne vorbeizieht, der Planet also zwischen Erde und Sonne steht, so wirft der Planet einen Schatten und die Sonne wird ein wenig dunkler. Solche Ereignisse können wir auf der Erde beim Merkur- oder Venustransit immer wieder erleben. Das gleiche Phänomen beobachten Astronomen bei entfernten Sternen. Da Planeten aber wesentlich kleiner sind als Sonnen, sind die periodischen Helligkeitsschwankungen minimal. Erst seit kurzem reicht die Empfindlichkeit und Auflösung von Großteleskopen aus, um solche Schwankungen in der Helligkeit mit genügender Genauigkeit aufzulösen.
  2. Doppler-Effekt: Zerlegt man das Licht der Sterne mit einem Prisma oder Gitter in seine Spektralfarben, so enthält das Spektrum charakteristische dunkle und helle Linien. Den Linien kann man bestimmte Wellenlängen des Lichtes, das vom jeweiligen Stern kommt, zuordnen. Bewegt sich ein Stern auf uns zu, so erscheinen die elektromagnetischen Wellen durch den Doppler-Effekt ein wenig gestaucht. Bewegt sich der Stern von uns weg, so erscheinen sie gedehnt. Beobachten kann man das durch die Verschiebung der Linien im Spektrum des Sterns. Sterne die von Planeten umkreist werden, stehen nicht ganz still sondern taumeln ein wenig um den gemeinsamen Schwerpunkt. Das kann man wiederum als periodische Linienverschiebung im Spektrum des Sterns beobachten.

Mit der hier als zweites genannten Methode, die den Doppler-Effekt ausnutzt, konnten die Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz im Oktober 1995 einen Planeten von der ungefähren Größe des Jupiters entdecken, der um den 50 Lichtjahre entfernten Stern 51 Pegasi kreist. Die beiden Wissenschaftler benutzten einen so genannten Échelle-Spektrografen mit besonders guter Auflösung, der im Fokus des 1,93-m-Teleskop am Observatoire de Haute-Provence im Südosten Frankreichs montiert war. Die Beobachtung gilt als der erste Nachweis eines Planeten um einen sonnenähnlichen Stern außerhalb unserer Milchstraße. Seither wurden mit unterschiedlichen Methoden bereits einige tausend Exoplaneten entdeckt.

  • Preisgeld: 9 Millionen Schwedische Kronen (rund 852.000 €), zur Hälfte an James Peebles und zu jeweils einem Viertel an Michel Mayor und Didier Queloz.
  • Pressemitteilung: https://nobelprize.org/

Autor/in

Christian Sicka

Christian Sicka ist Physiker und als Kurator im Bereich Naturwissenschaften am Deutschen Museum verantwortlich für Astronomie, Planetarium, Atomphysik und Zeitmessung.

Sein Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum:

Besuchen Sie die Ausstellung Atomphysik auf der Museumsinsel und entdecken Sie dort Highlights wie die Apparatur mit der Marie und Pierre Curie die Radioaktivität entdeckt haben. Auch einen "Atomenergie-Experimentierkasten" für Kinder aus den 1950er Jahren präsentieren wir dort - und erkären, was hinter diesem "Spielzeug" steckt.

 

 

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