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Acht Schränke mit Schubladen, sogenannte Planschränke, bis oben gefüllt mit Rechenschiebern, Rechenscheiben, Maßstäben, Winkelmessern, Planimetern, Linealen und Zeichenschablonen – insgesamt mehr als 3500 Objekten aus der Sammlung von Hans Dennert, dem letzten Inhaber der international agierenden Aristo-Werke Dennert & Pape – offenbaren interessante Entwicklungen mathematischer Instrumente und liefern darüber hinaus Einblicke in die Konkurrenzforschung der Firma.

Die Sammlung des Hans Dennert

Zwei Jahre nach dem Tod von Hans Dennert (1926-2000), dem letzten Inhaber der Aristo-Werke Dennert & Pape in Hamburg, landete ein wahres Schatzpaket im Deutschen Museum: ein großer Teil seiner Objektsammlung, dazu das komplette Werksarchiv und seine Spezialbibliothek. Die Bestände aus Archivalien und Büchern wurden geordnet und sortiert, ein Findbuch im Archiv erstellt und die Bücher in den Bestand der Bibliothek übernommen – und stehen seitdem allen Interessierten zur Verfügung.

Die interessanten, teilweise einzigartigen Objekte – bei denen es sich nicht ausschließlich um Produkte der Aristo-Werke oder ihrer Vorgängerfirmen handelt – wurden anfangs sorgsam verwahrt und nun nach und nach erforscht. Dennert war nämlich nicht nur Sammler seiner eigenen Produkte, sondern auch leidenschaftlicher Konkurrenzbeobachter: Er baute eine beeindruckende Sammlung von Rechenschiebern aus aller Welt auf, die er selbst erwarb oder von seinen Mitarbeitern mitbringen ließ. Informationen zu den Objekten hielt Hans Dennert auf Karteikarten fest, auf deren Grundlage eine Inventarliste angefertigt wurde.

Dornröschenschlaf

Über 3.500 Objekte auf einmal – das war für das Deutsche Museum eine echte Herausforderung. Die schiere Menge an mathematischen Instrumenten war beeindruckend, brachte aber so manche Abteilung ordentlich ins Schwitzen: Alles musste vermessen, in die Datenbank eingetragen und fotografiert werden. Mit dem Start der Zukunftsinitiative zur Neugestaltung des Museums rückten die Stücke dann erst einmal in den Hintergrund. Gut verpackt in ihren Planschränken mussten sie ein paar Jahre lang in aller Ruhe einen Dornröschenschlaf halten.

Blick in den Planschrank

Von Zeit zu Zeit kamen Forscher und Interessierte vorbei und stöberten in den Planschränken. Sie beschäftigten sich mit Themen wie Spezialrechenschieber aus dem Zeitraum 1871-1945 und mit der Geschichte des Universalrechenschiebers Aristo Studio 986/0968. Dabei stellte man fest, dass sich in der Sammlung das älteste bekannte Exemplar des Aristo Studio befindet, das 1950 hergestellt wurde.

So rückte nach und nach Hans Dennerts Sammlung wieder in den Fokus. Mittlerweile hat das Sammlungsmanagement alle Objekte mindestens einmal aus den Schubladen geholt, vermessen und die vorhandenen Informationen in die Datenbank übertragen. Dabei zeigte sich schnell: Die aus den Karteikarten erstellte Inventarliste, die zu den Objekten vorlag, war an vielen Stellen ungenau. Um wirklich zu wissen, was in den Schränken liegt, muss jedes einzelne Stück genau unter die Lupe genommen werden. Bald war klar: Diese Aufgabe lässt sich nicht allein stemmen. Hilfe musste her! 

Über die Website der deutschsprachigen Rechenschiebersammler finden sich glücklicherweise mehrere externe Freiwillige, die selbst leidenschaftliche Sammler sind und viel Erfahrung mitbringen. So ergab sich, dass mit den Rechenschiebern und Rechenscheiben begonnen wurde. Auch auf die große Rechenschiebersammler Community ist Verlass. Bei Fragen stehen sie mit Rat und Tat zur Seite.

Im Haus bekommen wir großartige Unterstützung: Das Fotoatelier sorgt für hochwertige Aufnahmen, während das Sammlungsmanagement gewissenhaft darauf achtet, dass immer genug Objekte zum Fotografieren bereitstehen. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer – aus dem In- und Ausland – arbeiten anhand der Fotos und erschließen so Stück für Stück die Sammlung. Dabei findet sich immer wieder Unbekanntes, wie der Musik-Rechenschieber für die Transposition von Tonarten von Jules Antonyn Brisson oder Ungewöhnliches, wie der Enni-Schieber mit seinen zwei beweglichen Zungen, ein Hilfsmittel zur Ermittlung der Maschinenleistung eines Handelsschiffes aus dem Jahre 1956.

Mittlerweile sind fast 500 Rechenschieber und Rechenscheiben der über 3500 Instrumente gründlich erfasst - ein kleiner, aber beachtlicher Teil des großen Ganzen. Die Arbeit geht nicht aus und Helfer sind immer willkommen!

Objektgruppe im Deutschen Museum Digital

Knapp 500 der bearbeiteten Rechenschieber sind bereits mit Text und Bild im Deutschen Museum Digital veröffentlicht, rund 700 weitere bisher nur mit Bild, aber noch ohne Beschreibung.

Alle Objekte, die 2002 aus dem Nachlass von Hans Dennert in die Sammlung aufgenommen wurden, werden nach und nach im Bereich Stöbern und Entdecken in der neuen Objektgruppe “Sammlung Hans Dennert – Die Welt der Rechenschieber”, die nur die Dennert-Sammlung umfasst, gebündelt. Über eine zweite neue Objektgruppe “Rechenschieber. Handliche Rechenhilfen – ganz ohne Strom” kann künftig – einfach und unkompliziert – durch alle bereits digitalisierten Rechenschieber und Rechenscheiben aus der Sammlung des Deutschen Museums gestöbert werden.

Zwar wird es noch eine Weile dauern, bis der gesamte Rechenschieber-Bestand erschlossen ist. Aber wir bleiben dran!

Ein herzlicher Dank geht an alle Helfer und Unterstützer!  

Aus der Sammlung Hans Dennert

Kreditrechner "Haspa 12/79"

Von: -

Datierung: -

Rechenschieber Nestler Elemath-Log-Log

Von: Uchida Yoko Co., Ltd.; Albert Nestler AG

Datierung: 1972 - 1976

Rechenschieber "Hemmi P262" (eingeschweißt)

Von: Hemmi Bamboo Slide Rule Company Ltd.

Datierung: 1974

Rechenschieber des Deutschen Museums

Rechenschieber Lenoir

Von: -

Datierung: 1825 - 1830

Rechenscheibe, System Gebr. Wichmann

Von: Gebrüder Wichmann <Berlin>

Datierung: ca. 1920

Rechenschieber BRL Academy 300

Von: Blundell Rules Limited (BRL)

Datierung: 1958

Autor/in

Katja Rasch

Katja Rasch ist Kuratorin für Mathematik und betreut die Sammlung mathematischer Instrumente und analoger Rechengeräte des Deutschen Museums. Sie arbeitet derzeit an der digitalen Erschließung der Sammlung mathematischer Modelle. Die Mathematikerin ist seit 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Museum tätig.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Besuchen Sie die Mitmach- und Medienstationen in der neuen Dauerausstellung Mathematik – mitmachen, knobeln und mathematische Zusammenhänge selbst erfahren.