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sin x cos y + sin y cos z + sin z cos x = 0?

Eine relativ kurze und prägnante Gleichung – doch was möchte sie uns sagen? Für die meisten von uns bleibt sie rätselhaft. Wir sehen, dass sie x, y und z enthält und vermuten, dass eine mathematische Fläche hinter der Gleichung stecken könnte. Um das Rätsel zu lösen, wie diese Fläche im Großen aussieht, nutzt man heute Computersoftware, um die Fläche auf dem Bildschirm sichtbar werden zu lassen – oder aber es wird ein Ausschnitt der Fläche im 3-D-Druckverfahren gedruckt. Dieser lässt sich dann in die Hand nehmen und von allen Seiten betrachten, wie beispielsweise das lilafarbene Modell eines Gyroids, das für die neue Mathematik-Ausstellung des Deutschen Museums angekauft wurde (Inv.-Nr. 2018-285). Hält man das Modell erst einmal in der Hand, fällt es leichter, sich vorzustellen, dass zwei Labyrinthe ineinander verwoben wurden.

Schon im 19. Jahrhundert hatte man den Wunsch, mathematische Flächen sichtbar zu machen. Damals standen dafür jedoch noch keine digitalen Möglichkeiten der Darstellung zur Verfügung. Man fing an, Modelle von Ausschnitten der Flächen zu konstruieren. Angefertigt werden konnten nur Ausschnitte, denn manche der Flächen erstrecken sich – unvorstellbar genug – bis ins Unendliche. Walther von Dyck (1856–1934), Mitbegründer des Deutschen Museums, begann mit dem Aufbau einer Sammlung, die im Laufe der Jahre ergänzt und ausgeweitet wurde und mittlerweile über 250 Modelle umfasst. Einige von ihnen sind jetzt in Objektdatensätzen mit hochaufgelösten Fotos im Online-Portal Deutsches Museum Digital zu sehen – klicken Sie einfach auf das Foto des lilafarbenen Gyroids in der Rubrik „Stöbern und entdecken“!

Beim Stöbern in der Sammlung des Deutschen Museums finden sich Modelle ganz klassisch aus Gips, wie das rechts abgebildete Katenoid (Inv.-Nr. 6449T1), deren Urformen in Modellierkabinetten an Universitäten entstanden sind und die in umfangreichen Katalogen zum Verkauf angeboten wurden.

Es werden auch faszinierende Modelle aus Papier oder Karton aufbewahrt, die durch leichten Druck ihre Form verändern können, zum Beispiel dieses Ellipsoid (Inv.-Nr. 6437).

Generell besonders schwierig zu realisieren waren Stellen, an denen sich eine Fläche zu einem Punkt hin verjüngt. Bei diesen sogenannten Singularitäten mussten sich frühe Modelle mit Stützen behelfen. Heute werden für solche komplexen Formen moderne Fertigungstechniken wie 3-D-Druck oder die Laser-in-Glas-Technik verwendet. Erst durch ihre Beleuchtung werden beispielweise die vom Mathematiker und Designer Oliver Labs gefertigten Modelle richtig zum Strahlen gebracht, wie die „Endrass-Fläche“ (Inv.-Nr. 2018-365T4).

Einzigartig in der Sammlung des Deutschen Museums sind auch die sogenannten „Strumpfhosen-Modelle“, die 2011 ans Museum kamen. Die Serie besteht aus 42 Modellen, von denen jedes einen Ausschnitt einer Minimalfläche darstellt. Setzt man die Ausschnitte in den drei Raumrichtungen ins Unendliche fort, entsteht eine Fläche, die sich nirgends selbst schneidet und die den Raum in zwei deckungsgleiche Labyrinthe teilt. Sämtliche Modelle wurden von der Kristallografin Elke Koch in mühevoller Handarbeit aus Metalldraht und Strumpfhosen hergestellt, zum Beispiel das „Minimalflächenmodell“ (Inv.-Nr. 2012-987T38).

Entdecken Sie weitere interessante Modelle – entweder digital im Portal Deutsches Museum Digital, bei einem Besuch in der neuen Dauerausstellung Mathematik oder im neuen Mathematik-Begleitkatalog zur Ausstellung, der in wenigen Wochen erscheinen wird.
Auch wir stöbern weiter in unserem Bestand und werden zukünftig noch weitere mathematisch relevante und ästhetisch ansprechende Modelle in die neue Objektgruppe „Mathematische Modelle – Abstraktes anschaulich“ aufnehmen.

Autor/in

Katja Rasch

Katja Rasch ist Kuratorin für Mathematik und betreut die Sammlung mathematischer Instrumente und analoger Rechengeräte des Deutschen Museums. Sie arbeitet derzeit an der digitalen Erschließung der Sammlung mathematischer Modelle. Die Mathematikerin ist seit 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Museum tätig.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Besuchen Sie die Mitmach- und Medienstationen in der neuen Dauerausstellung Mathematik – mitmachen, knobeln und mathematische Zusammenhänge selbst erfahren.