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Das Meaning Making Kursprogramm

Als im Frühjahr 2020 die Museen in Folge der Corona-Pandemie schließen mussten und plötzlich digitale kulturelle Angebote in aller Munde waren, entstand die Idee, das Meaning Making Kursprogramm ins Leben zu rufen. Durch die zeitnahe Entwicklung neuer digitaler Angebote entstanden viele wunderbare und kreative Vermittlungsformate. Gleichzeitig rückte die Frage in den Fokus, in welcher Form wir eigentlich digital Inhalte vermitteln wollen. Was fehlte, war allerdings die Zeit, in Ruhe zu reflektieren, was sich durch Corona verändert hatte: eine neue Wertigkeit digitaler Angebote, die Erweiterung der Kommunikation in den digitalen Raum, sowie die Frage, welche Themen eigentlich Kultureinrichtungen in einer Pandemie verhandeln sollten.

Mit dem Online-Kursprogramm „Meaning Making during a Pandemic“ wollten wir all diesen Fragen Raum geben, Austausch ermöglichen und in die Zukunft denken – eine digitale Selbsthilfegruppe für Kulturmitarbeitende. Hierfür wurde ein Team aus internationalen Expert*innen rund um das Thema „Digital Storytelling“ in Kultur und Medien zusammengestellt. Der Großteil der Konzeption und Planung entstand somit virtuell. Das Programm ist als Erzählung mit einem durchgängigen roten Faden aufgebaut: Wie nutzen wir als Kultur- und Medienschaffende Storytelling, um unsere Relevanz für die Gemeinschaft zu verdeutlichen? Jede Episode von Meaning Making wiederum besitzt als Thema einen klar definierten Handlungsbogen, der zur Gesamterzählung beiträgt. Zusätzlich gibt es einige strukturelle Elemente, die alle Episoden gemeinsam haben. Diese legen den Schwerpunkt gleichermaßen auf Information (kurze Vorträge, Provokationen) und Beteiligung (Live-Umfragen, Gruppendiskussionen).

Die erste Staffel füllten wir mit Inhalten, die uns selbst beschäftigten – wie zum Beispiel die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten wollen oder wie wir digitale Kulturangebote zugänglich gestalten können. Aus der „Selbsthilfegruppe" wurde ein interaktiver Kurs, ein Netzwerk und schließlich ein Programm. Zentral war für uns der Blick über den Tellerrand hinaus: raus aus der Museumswelt, mit internationalen und multidisziplinären Expert*innen. Nach jeder Episode entstanden ein Comic sowie eine Podcast-Folge, die die besprochenen Inhalte zusammenfasste und weitere Denkanstöße vorstellte. Zudem wurde das gesamte Programm evaluiert, um es für andere Institutionen zu dokumentieren und nachnutzbar zu machen. Dabei haben aber auch wir uns stetig weiterentwickelt.

Nachdem wir bereits die zweite Staffel um ein Mentoring-Angebot erweiterten, folgte in 2021 in der dritten Staffel eine Ausweitung auf zwei Kursreihen, in denen gemeinsam mit den Teilnehmenden Online-Ausstellungen entstehen sollten. Als Besucherin finde ich es selbst immer sehr spannend, hinter die Kulissen von Museen und Kultureinrichtungen zu blicken – wie geht das, wenn man mal selbst eine Ausstellung gestaltet? Dass Besuchende Ausstellungen an Museen co-produzieren oder co-kuratieren ist nicht neu. Wir allerdings fragten uns, ob man diese Form des gemeinsamen Gestaltens auch in den digitalen Raum verlegen könnte. Mit wachsendem digitalem Angebot erweitern sich auch die Besuchsgruppen über Stadt- und Ländergrenzen hinweg. Wie kann man diese Menschen einbinden, um gemeinsam Inhalte zu gestalten? Und müssen die dabei entstehenden Ausstellungen immer im Museum stattfinden oder kann man sie auch online zeigen? Das waren Fragen, denen wir in der dritten Staffel nachgehen wollten.

Gemeinsam mit internationalen Teilnehmenden aus Museen und Kultureinrichtungen wagten wir das Experiment. Als Themenschwerpunkt wählten wir die Nachhaltigkeitsziele der UN und beschäftigten uns in Kursreihe 1 mit der nachhaltigen Produktion von Kleidung und in Kursreihe 2 mit dem Schutz der Meere. Gemeinsam mit Expert*innen aus den jeweiligen Feldern stellten wir unsere Teilnehmenden vor die Herausforderung, innerhalb weniger Kurstermine ein Ausstellungskonzept zu erstellen, das dann an drei Künstler*innen übergeben und ausgearbeitet wurde. Ende 2021 entstand so die Instagram-Ausstellung „Gods of Indigo“, die sich ausgehend von der Herstellung der Farbe Indigo dem Thema nachhaltiger Kleidungsproduktion widmet. Im Februar 2022 wurde dann die Ausstellung „Ocean Belly“ rund um das Thema Unterwasserlärm und Umweltschutz im virtuellen Raum vorgestellt. Die Videoinstallationen können auch diesmal auf dem Instagram-Kanal „Gods of Indigo“ sowie, dank der Kooperation mit dem XR HUB BAVARIA, in einem Mozilla Hub besichtigt werden. Der Mozilla Hub kann mit einem Avatar betreten werden; hierfür wurden eigens Fisch-Avatare gestaltet. Durch den virtuellen Raum kann man sich dann mit Hilfe der Pfeiltasten bzw. der Tastatur (siehe Tafel am Startpunkt) bewegen und durch Drücken der Taste ‚G‘ durch den Raum fliegen. (Wichtiger Hinweis: Manchmal muss der Raum nach Betreten nochmals geladen werden, um alle Medieninhalte zu aktivieren.)

Beide Ausstellungen sowie das gesamte Kursprogramm wurden umfassend evaluiert. Die Ergebnisse fließen in ein Booklet ein, das anderen Museen Hilfestellungen geben soll, ähnliche Kursprogramme mit Besuchenden durchzuführen. Was uns drei Staffeln „Meaning Making“ gezeigt haben, ist, wie wertvoll der Austausch über Disziplin-, Länder- und Kulturgrenzen hinweg ist, um voneinander zu lernen und dabei sich und die eigenen Angebote weiterzuentwickeln. Wir hoffen, in Zukunft weitere solche Angebote umsetzen zu können und so auch mehr Besuchenden die Möglichkeit zu geben, vielfältige digitale Angebote zu nutzen oder sogar an deren Entstehung mitzuwirken.

Autor/in

Andrea Geipel

Andrea Geipel

Andrea Geipel ist Wissenschaftskommunikatorin und arbeitet im Team Deutsches Museum Digital.

Ihr Tipp für einen Besuch im Museum: Wer nach einem Besuch bei uns noch nicht genug hat, findet unter https://digital.deutsches-museum.de/de/angebote/ viele spannende digitale Angebote, wie zum Beispiel das Online-Spiel der Leibniz-Forschungsmuseen „Museum Monsters“.