Im Vergleich mit Astrid Lindgrens Werken nimmt sich Erika Manns Beitrag zum Genre Kinderbuch zwar bescheidener aus: Im Herbst 1932 – wenige Monate vor ihrer Flucht ins Exil – veröffentlichte sie das Kinderbuch „Stoffel fliegt übers Meer“ bei Levy & Müller in Stuttgart, sechs weitere Kinderbücher sollten folgen. Der „Stoffel“, den sie für ihre jüngeren Geschwister schrieb, erlebte jedoch rasch 10 Auflagen, wurde mit Erich Kästners erfolgreichem Kinderbuch „Emil und die Detektive“ verglichen, in viele Sprachen übersetzt und erschien 1953 in einer Neuausgabe. Das Manuskript „Stoffel fliegt übers Meer. Novelle in 12 Kapiteln“ wird im Literaturarchiv im Erika-Mann-Archiv der Stadtbibliothek München / Monacensia aufbewahrt (Sign. L 1374) und kann digital durchblättert werden. Auch Erikas Vater Thomas und ihr Onkel Heinrich Mann haben übrigens mehrere Kinderbücher verfasst, was heute kaum noch bekannt ist.
In Erika Manns noch heute aufgelegtem Buch werden die Erlebnisse und Abenteuer des 10-jährigen Jungen Christoph Bartel, genannt Stoffel erzählt, der mit seinen Eltern am fiktiven Blaubergsee – einer Mischung aus Starnberger See und Bodensee – lebt. Sein Vater ist Fischer, seine Mutter betreut eine Badeanstalt. Während er in der schwedischen Ausgabe von 1932 („Stoffel tjuvflyger“) ein Stoffel blieb, wurde aus ihm in der dänischen Ausgabe von 1934 ein Ole („Ole flyver over atlanterhavet“), in der französischen aus demselben Jahr ein Petit Christophe („Petit Christophe et son dirigeable“) gemacht.
Anlass für die Erzählung war zum einen die über neunmonatige Weltreise, auf die sich die 20-jährige Erika und ihr 19-jähriger Bruder Klaus Mann (1906–1949) von Oktober 1927 bis Juli 1928 begaben. Zunächst fuhren sie von Rotterdam mit einem Transatlantikliner in die USA, wo sie in D-Zügen und mit Automobilen weiterfuhren. Danach reisten sie nach Hawaii, Japan, Korea und in die Sowjetunion, dann über Warschau zurück nach Deutschland. 1929 veröffentlichten sie darüber im S. Fischer Verlag den Reisebericht „Rundherum“ – wie Klaus Mann am Ende schreibt: „einmal hin, einmal her, rundherum, das ist nicht schwer“ (S. 141). Diese Reise beeinflusste auch die Geschichte von Stoffel.
In der Erzählung spielen reale Land-, Wasser- und Luftfahrzeuge eine Rolle, was in Anbetracht von Erika Manns eigener Erfahrung als begeisterte Autofahrerin und Nutzerin verschiedenster Fortbewegungsmittel während ihrer Weltreise nicht weiter verwundert. Auf einige dieser Fahrzeuge möchte ich hier etwas näher eingehen, da sie mit der Technikgeschichte und mit Objekten des Deutschen Museum zusammenhängen. Zunächst werden es die auf dem Wasser genutzten Fahrzeuge sein.