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In der über hundertjährigen Geschichte der Bibliothek des Deutschen Museums haben sich inzwischen mehr als 980.000 Bücher auf der Museumsinsel eingefunden. Darunter sind einige bemerkenswerte Stücke, zum Beispiel eine dreihundert Jahre alte japanische Bildrolle über den Goldbergbau, Erstausgaben von Galileo Galilei und zahlreiche unikale Zeitschriften, Bücher, Hefte und andere Schriften, die sonst nirgendwo auf der Welt überdauert haben.
Eine kleine Besonderheit der Sammlung liegt darin, dass sehr viele dieser Bücher der Bibliothek gestiftet wurden – sei es durch Verlage, die Übernahme ganzer Firmenbibliotheken oder großzügige Privatpersonen. Schon der Museumsgründer Oskar von Miller machte es zur gängigen Praxis, gezielt potentielle Spender anzuschreiben, um Stiftungen für die Museumsbibliothek einzuwerben. So kam eine Vielzahl von Bänden zusammen. Deren Stifter nutzten oft die Gelegenheit, dem Deutschen Museum eine Widmung im Buch zu hinterlassen – manchmal nur einen kurzen Gruß oder einen Satz, aber gelegentlich auch kurze Texte oder sogar Gedichte. Im Folgenden sollen einige Widmungen, die besonders interessant, unterhaltsam oder ungewöhnlich sind, kurz präsentiert werden.

Poesie und Statik

Über die meisten Autorinnen und Autoren, die der Bibliothek ihre Werke stifteten, ist recht wenig bekannt. Ein Beispiel dafür ist der Berliner Oberingenieur Ottomar Schmiedel. Von ihm finden sich zwar diverse ingenieurtechnische Veröffentlichungen in Bibliotheken in ganz Deutschland, über seine Person ist darüber hinaus jedoch nicht viel bekannt. Er stiftete der Bibliothek zu Beginn des 20. Jahrhunderts drei seiner Veröffentlichungen, die er alle mit einer persönlichen Widmung an das Deutsche Museum versah. Schmiedel gab sich beim Verfassen einer dieser Widmungen wohl große Mühe – er beschränkte sich nicht auf ein kurzes Grußwort, sondern wurde dichterisch tätig.

So findet sich in der „Statik der statisch bestimmten Brückenträger“ (Signatur 1917 B 202) die folgende Widmung:

Wo Kraft, Genie und Industrie Vereint die Hand sich reichen, da müssen Berge untergehn und Thäler sich ausgleichen.Dem Deutschen Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik gewidmet vom Verfasser Ottomar Schmiedel

Graf Zeppelin unternahm „niemals eine derartige Erkundungsreise in Frankreich oder sonstwo“!

Ein wiederholter und weitaus berühmterer Stifter des Deutschen Museums war Ferdinand Graf von Zeppelin, der bekannte Begründer des Starrluftschiffbaus. Wahrscheinlich hat ihn ca. 1916 eine Bitte des Deutschen Museums erreicht, einige Bücher an die Bibliothek zu stiften, denn im Januar 1917 – zwei Monate vor seinem Tod – widmete er neun Bücher, die sich mit seiner Person und seiner Erfindung befassen, an das Museum. Alle Bücher enthalten die gleiche Widmung:

Dem Deutschen Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaften und Technik zu München wunschgemäß überwiesen.

Friedrichshafen Januar 1917
Gf. Zeppelin

Eine Ausnahme gibt es jedoch: Im Buch „Zeppelin. Der Mensch, der Kämpfer, der Sieger“ (Signatur 1910 A 405), das Anekdoten aus seinem Leben in sich versammelt, nutzte er die Widmung, um einige falsche Aussagen im Buch zu korrigieren:
Dem Deutschen Museum von Meisterwerken
der Naturwissenschaften und der Technik überreiche
ich wunschgemäß dieses Buch mit dem Bemerken,
daß es manche Unrichtigkeiten enthält; insbesondere
ist die Darstellung des Aufklärungsrittes nach dem
Schirlenhof eine ganz unzutreffende. Eine heimliche
Erkundungsreise im Frieden (s. S.S. 47.48) habe ich niemals
ausgeführt.


Friedrichshafen im Januar 1917
Gf. Zeppelin


Mit dem Aufklärungsritt nach dem Schirlenhof bezieht sich Zeppelin auf eine Begebenheit, die ihm schon Jahre vor Entwicklung seines Fluggefährts zu nicht geringer Berühmtheit in Deutschland verhalf: Während eines Erkundungsrittes hinter die französischen Linien im Juli 1870 kam es beim Weiler Schirlenhof zum Kampf mit feindlichen Einheiten. Hier fiel der erste deutsche Soldat des Deutsch-Französischen Krieges. Zeppelin gelang in einem wilden Ritt als einzigem die Flucht zurück nach Deutschland, wo er militärische Informationen zu den französischen Truppen weitergeben konnte. Zumindest die Beschreibung im vorliegenden Buch scheint aber wohl eher fehlerbehaftet zu sein. Die Absätze auf den Seiten 47/48, auf die sich Zeppelin am Ende der Widmung bezieht, beschreiben, wie in Vorbereitung auf den Deutsch-Französischen Krieg deutsche Offiziere in Verkleidung nach Frankreich entsendet wurden, um Aufklärungsarbeit zu leisten:
Die Aufgabe war mit großen Gefahren verknüpft. Zeppelin gelang es Dank seiner Geistesgegenwart und seiner Erfahrungen, die er auf den Prärien und in den Gebirgen Amerikas gesammelt, sich mit allen wissenswerten Einzelheiten der östlichen und südöstlichen Teile Frankreichs bekannt zu machen.
Die erlangten Kenntnisse verwertete er als Referent im württembergischen Kriegsministerium.
(Saager, Adolf: Zeppelin. Der Mensch, der Kämpfer, der Sieger. Lutz, Stuttgart 1915.)

Auch hier wollte Zeppelin noch einmal klarstellen, dass diese Beschreibung nicht zutrifft und tat etwas, das in Bibliothekskreisen eigentlich verpönt ist: Er schrieb in das Buch, an den Seitenrand von Seite 48:

Ich habe niemals eine derartige Erkundungsreise in Frankreich oder sonstwo gemacht.
Gf. Zeppelin
Der Berliner Architekt und Stadtplaner Bruno Taut war ein weiterer Stifter des Deutschen Museums. Bekannt vor allem durch den Bau verschiedener Großsiedlungen in Berlin, entwarf er auch architektonische Utopien. In seinem Werk „Alpine Architektur“ von 1919 (Signatur 1900 C 15) entwirft er eine aus Kristall erbaute Stadt auf den Gipfeln der Alpen; eine Kunstlandschaft, die aus der Verschmelzung von Natur und Architektur entstehen soll und von der Ablehnung der Großstadt geprägt ist. Sowohl Technikfantasien als auch Technikfeindschaft werden hier sichtbar und obwohl das Werk als „Utopie“ untertitelt ist, schreibt Taut auf Seite 10: „Die Ausführung ist gewiss ungeheuer schwer und opfervoll, aber nicht unmöglich.“
In diesem Werk der Buchkunst hat Taut dem Museum eine Widmung hinterlassen: „Dem Deutschen Museum dieses aufgerissene Tor des Gefängnisses.“
Leider ist nicht überliefert, was Taut dem Deutschen Museum mit dieser Widmung sagen wollte – oder warum er das Museum in einem Gefängnis sah. Hier muss jede Leserin und jeder Leser eine eigene Interpretation finden.

Zum Schluss

Während die Bibliothek des Deutschen Museums also primär über naturwissenschaftliche und technische Literatur verfügt, so findet man darin in Form von Widmungen, aber auch durch Anstreichungen, Kommentare und Ähnliches, doch gelegentlich auch kleine Einblicke in das Denken und das Leben der stiftenden Personen.
Viele der in den Bibliotheksbeständen versteckten Widmungen sind übrigens auch im Online-Katalog verzeichnet und können dort gefunden werden. Wenn man sich die Titelinformationen eines Buches ansieht, findet man im Bereich „Beschreibung, Inhalt, Sonstiges“ Bemerkungen zu Widmungen und Provenienz.

Zum Online-Katalog (OPAC)

Autor/in

Portrait Eva Bunge

Eva Bunge

Eva Bunge ist seit 2016 die stellvertretende Leiterin der Bibliothek des Deutschen Museums. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt in den Bereichen Open Access und Citizen Science. Sie ist die Open-Access-Beauftragte des Museums.

Eines ihrer Lieblingsbücher in der Bibliothek ist die Selenographia von Johannes Hevelius, eines der prägenden Werke der frühen Mondkartographie.