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Während ich das schreibe, werde ich ein bisschen wehmütig.

Hinter mir liegt eine Zeit, in der ich vieles gelernt habe: Worin die Schwierigkeit beim Glasschleifen liegt, wie unvorstellbar teuer eine Doppelpedalharfe im 19. Jahrhundert war, warum sich Glasfasern in der Mode nicht durchgesetzt haben und so vieles mehr.

Vor allem aber habe ich zwei Dinge gelernt:

  1. Ohne Verluste lassen sich komplexe Forschungsprojekte in 12 Minuten Hörzeit leider nicht wiedergeben.
  2. Hinter jeder Erfindung, jedem Gerät und jeder Idee steckt eine Geschichte.
Mein Anliegen war es, diese Geschichte im Projekt zu finden. Sei es die Geschichte der Restauratorin, die sich erst in das neue Material einarbeiten muss oder sei es die Geschichte eines angestaubten Mondfahrzeugs im Museum oder sei es die Geschichte eines Visionärs wie Herman Sörgel, der sich durch Rückschläge nicht von seiner Idee eines vereinten Europa und Afrika abhalten lässt. Erst der Tod setzt dem ein Ende – so scheint es.

Aber das Tolle an Ideen ist, dass sie nicht mit dem Ideengeber sterben.

So ist es auch mit einer Geschichte. Wenn sie zu Ende erzählt worden ist, wenn der Abspann läuft oder das Buch zugeklappt wird, ist die Geschichte nicht verschwunden. Im Kopf lebt sie weiter, regt vielleicht zum Nachdenken an, vielleicht sogar zum Weitergeben.

Meine Hoffnung ist es, dass diese Podcast-Staffel etwas mit Ihnen gemacht hat. Haben Sie mitgefiebert mit den Forschern? Hatten Sie „Aha“-Momente? Haben Sie etwas gelernt? Mussten Sie den Kopf schütteln, weil Sie anderer Meinung waren? Haben Sie sich auf eine Folge besonders gefreut?

Alles im Rahmen

Für die aktuelle Folge habe ich Ellen Harlizius-Klück im Museum für Abgüsse klassischer Bildwerke in München besucht. Einmal pro Woche verlässt sie ihr Büro im Deutschen Museum, um hier praktisch an ihrem Forschungsprojekt PENELOPE zu arbeiten. Umringt von Dutzenden Statuen hat sie sich ein kleines Forschungslabor eingerichtet; und arbeitet an einem Webstuhl, der einem antiken Exemplar nachempfunden ist. Die Mathematikerin versucht sich so in die alten Griechen hineinzuversetzen – oder besser: hineinzudenken.

Sie sagt, dass sich die antike Webkunst deutlich von der modernen Webkunst unterscheidet, so dass auch eine andere Denk- und Vorgehensweise erforderlich war. Wie das konkret aussieht, zeigt sie mir anhand ihres Webstuhls. Sie geht mit ihrem roten Faden über oder unter andersfarbige Fäden hindurch, erklärt, wie welches Muster entsteht - Es klingt eigentlich gar nicht so kompliziert. Trotzdem werde ich sie noch ein paar mal treffen, um nachzufragen, ob ich alles verstanden habe.

Als ich später versuche es für diese Folge aufzubereiten, ohne Bilder, merke ich: Das funktioniert so nicht.

Auf der einen Seite sind es zu viele Zahlen, auf die sich der Hörer konzentrieren müsste. Gleichzeitig müsste er sich bildlich vorstellen, was der rote Faden wann macht und in einem weiteren Schritt erkennen, was für ein Muster dadurch Gestalt annimmt.

In dieser Folge geht es also nicht darum, wie ein Webstuhl benutzt wird (Wer sich dafür interessiert, der sollte im Museum für Abgüsse klassischer Bildwerke vorbeischauen und sich ein Bild davon machen).

Es geht darum, was Ellen Harlizius-Klück mit diesem Wissen anfängt.

Der rote Faden

Ellen Harlizius-Klück erkennt in dem Handwerk ein Prinzip, das Jahrtausende überlebt hat und noch heute eingesetzt wird in der Musik wie in der Computertechnologie.

Anhand von Beispielen führt diese Episode durch Zeitalter und unterschiedliche Bereiche, um den Einfluss der Webkunst darauf zu verdeutlichen, und im besten Fall dazu anzuregen, im täglichen Leben nach diesem Prinzip Ausschau zu halten.

Besonderer Dank gilt beim Produzieren dieser Folge Giovanni Fanfani für das Rezitieren des Homer-Textes und Alex McLean für die Outromusik.

Gewebte Zeiten

Weiterlesen:

  • Mehr zum Forschungsprojekt der ERC-Forschergruppe PENELOPE. Eine Untersuchung der Weberei als technischer Existenzmodus
Ralph Würschinger, Ersteller der Reihe DM Podcast, nimmt eine Tonspuren auf.

Wissen zum Hören

Neue Podcastreihe: Ein Meer, das verdunstet, ein kurioses Musikinstrument und ein Kleid aus Glasfasern - unsere Forschungsprojekte für Sie erzählt.

Autor/in

Ralph Würschinger

Ralph Würschinger ist ausgebildeter Journalist, multimedialer Autor und Podcaster. Er studierte Vor- und Frühgeschichte, Germanistische Linguistik und Mediävistik an der LMU München und war schon während des Studiums im Hörfunk tätig. Seit Juli 2019 arbeitet er als Online-Redakteur für das Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' und betreut dessen Social Media-Kanäle.