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Es geht um nichts weniger als den „Heiligen Gral der Luftfahrt“. Das sagt Andreas Hempfer, der Kurator für Luftfahrt bis 1945 des Deutschen Museums, über den Normal-Segelapparat, mit dem Otto Lilienthal vor mehr als 125 Jahren die Grundlage für die moderne Fliegerei geschaffen hat. Von diesem Gleiter, dem ersten in Serie gebauten Flugzeug der Welt, existieren heute nur noch vier Exemplare - eines davon im Deutschen Museum. Allerdings konnte Lilienthals Meisterwerk lange nicht gezeigt werden, weil es durch zwei überstandene Weltkriege und Schädlingsbefall stark angegriffen ist. Derzeit ist nur das Gestellkreuz, das Element, in dem der Pilot hängt und an dem die Flügel befestigt sind, in der Flugwerft Schleißheim ausgestellt. „Zukünftig soll der Original-Lilienthalgleiter aber wieder als zentrales Exponat in der Ausstellung auf der Museumsinsel zu sehen sein, wie es seiner historischen Bedeutung angemessen ist“, sagt Andreas Hempfer. Dafür laufen momentan aufwendige Untersuchungen - bis hin zu Scans in einem Computertomografen - um das wertvolle Stück für die Präsentation in der künftigen Ausstellung „Historische Luftfahrt bis 1918“ vorzubereiten.

„Entweder er zerfällt im Depot oder er zerfällt in der Ausstellung – dann wollen wir ihn doch lieber herzeigen!“ So beschreibt der Kurator die Ausgangslage, nachdem der Original-Lilienthalgleiter seit den 1940er-Jahren nicht mehr ausgestellt wurde. „Natürlich wollen wir den Segelapparat aber mindestens für die nächsten 100 Jahre erhalten“, sagt Hempfer. Deshalb hat er die aktuellen Untersuchungen angestoßen. In Zusammenarbeit mit Forschern der Technischen Universität München, den Konservierungs-wissenschaftlern vom Deutschen Museum um Dr. Marisa Pamplona-Bartsch und hauseigenen Flugzeugrestauratoren wird nun nach der passenden Methode gesucht, um das Fluggerät vor weiteren Schäden zu bewahren und für die Präsentation herzurichten.

„Am liebsten wäre mir eine 50-Lux-Umgebung“, sagt Andreas Hempfer, denn die fragile Konstruktion aus Holzstreben mit Stoffbespannung ist auch extrem lichtempfindlich. Dem Kurator schwebt vor, „einen Schuppen nachzubauen, wie ihn Lilienthal einst als Hangar auf seinem Fliegeberg hatte“. Und nur wenn einBesucher den Schuppen betritt, soll eine Lampe angehen und das Lilienthal Original sichtbar machen. „Am Dach des Schuppens könnte man unseren Gleiter Nachbau so montieren, als würde der Flugpionier gerade von dort abheben“, so Hempfer.
Damit diese Vision Wirklichkeit werden kann, ist allerdings noch viel zu tun. „Die Zustandsbeschreibung, die uns Teresa Donner und Laura Lehmacher von der TU geliefert haben, ist jetzt die Grundlage für die Suche nach den passenden Konservierungsmethoden.“ Hempfer würde die Zusammenarbeit mit den TU Studentinnen auch gerne fortsetzen. „Allein den Stoff zu reinigen – mit Spezialsauger und Pinsel – das ist ein gigantisches Projekt.“ Wobei Lehmachers Untersuchungen gezeigt haben, dass sich die Stoffteile des Gleiters, abgesehen von der Verschmutzung, in einem relativ guten Zustand befinden.

Da sieht es mit den hölzernen Bestandteilen schon wesentlich schlechter aus. Die Streben aus Weidenruten sind mit Fraß-Löchern von Insekten durchsetzt. Immerhin zeigten die Aufnahmen, die Airbus im firmeneigenen Computertomografen in Donauwörth angefertigt hat, dass der Zerfraß durch Schädlinge seit der letzten Bestandsaufnahme vor zehn Jahren nicht weiter fortgeschritten ist. Die einzigartigen CT-Bilder aus dem Inneren des Gleiters könnten vielleicht sogar einen Platz in der neuen Ausstellung finden, wenn der Normal-Segelapparat von Otto Lilienthal nach Abschluss der Modernisierung ab 2025 wieder im Deutschen Museum zu sehen ist.

Autor/in

Sabine Pelgjer

Hat nach dem Studium der Kunstgeschichte bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet, zuletzt als Chefin vom Dienst bei der Münchner tz.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Mit Spaß rechnen! Auch wenn man an Mathematik aus Schulzeiten vielleicht nicht die besten Erinnerungen hat – in unserer Ausstellung findet jeder schnell einen Draht zur „Kunst des Lernens“, wofür der Begriff aus dem Altgriechischen steht. Mit vielen Spielen, wunderschönen Instrumenten und Modellen oder faszinierenden optischen Täuschungen werden Dimension, Perspektive und Symmetrie leicht begreifbar.