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Das Fernsehen wird 90 Jahre alt. Genau genommen erfolgte vor 90 Jahren, am 26. Januar 1926, die Demonstration der mechanischen Bewegtbildübertragung vor geladenen Mitgliedern der Royal Society in London. Eingeladen hatte ein schottischer Erfinder, John Logie Baird, 38, in sein Laboratorium in Soho. In den kleinen Dachräumen hatten die Gäste nach einer kurzen Vorführung des Prinzips die Gelegenheit, Bilder von sich selbst übertragen zu lassen. Das war zu dieser Zeit wahrlich keine Freude.. Die Lichtempfindlichkeit der Aufzeichnungseinrichtung war nicht sehr hoch. Die abgebildete Person wurde mit einer Helligkeit von etwa 500 Kerzen (äquivalent zu 4,5 100-Watt-Glühbirnen) aus einem Abstand von 30cm beleuchtet. Dazu saß diese Person vor einer mit 300U/min rotierenden Scheibe mit 60 cm Durchmesser, bestückt mit 16 Linsen wie sie auch in Fahrradlampen verwendet wurden. Es kam wie es kommen musste: Der lange weiße Bart eines würdevollen Herren verfing sich in der rotierenden Scheibe. Glücklicherweise kam er mit dem Schrecken und einem erheblichen Verlust an Barthaar davon.

Wie funktionierte die Übertragung?

Um ein Bild übertragen zu können, wird es zeilenweise abgetastet. Das von Baird angewandte Prinzip beruht auf der vierzig Jahre zuvor in Deutschland patentierten Nipkowscheibe, einer Scheibe, in deren Rad spiralförmig Löcher gestanzt sind. Baird verwendete damals noch Linsen in den Löchern. Mit den dreißig Zeilen, die das übertragene Bild hatte, war es gerade möglich die schemenhafte Abbildung eines Kopfes wiederzugeben, auf der aber "verschiedene Gesichter unterschieden werden, Öffnen und Schließen des Mundes, Herausstrecken der Zunge, die Blickrichtung und das Vorbeiführen einer Hand erkannt werden konnten." Wegen der sehr niedrigen Bildfrequenz von 12,5 Bildern pro Sekunde flimmerte das Bild erheblich. Bis das Fernsehen in beinahe allen Wohnzimmern zu finden war, war es noch ein langer Weg. Alleine bis das von John Logie Baird am 26. Januar 1926 vorgestellte System die Marktreife erlangte dauerte es nach der ersten Demonstration noch weitere drei Jahre.

Der technischen Revolution widmete sogar Google zum Jubiläum ein eigenes Doodle: Es zeigt den Baird Televisor, eines der ersten kommerziell erhältlichen Fernsehgeräte der Welt. Von dem Gerät, heute ein gesuchtes Sammlerstück, wurden etwa 4000 Stück gefertigt. Für den Empfang musste noch ein Radioempfänger angeschlossen werden. Experimentiert wurde auch mit anderen Methoden zur Bildzerlegung: Spiegelschrauben und Spiegelräder lenkten mit leicht gegeneinander verkippten Spiegeln das Licht über das Bild. Eine beliebige Erhöhung der Zeilenzahl war unter anderem aufgrund der Trägheit und Kräfte, die auf die mechanischen Systeme wirkten, nicht möglich. Daher wundert es niemanden, dass das auf der 8. Großen Funkausstellung präsentierte vollelektronische Übertragungsverfahren von Manfred von Ardenne als Sensation gefeiert wurde. Das Bild hatte immerhin schon Postkartengröße bei 100 Zeilen und 20 Bildern pro Sekunde. Ardenne verwendete zur Wiedergabe eine Braunsche Röhre, das Prinzip, auf dem bis in die 2000er Jahre die Bildröhre beruhte, bis sie von der LCD-Technologie abgelöst wurde.

Das Deutsche Museum besitzt eine bedeutende Sammlung von Versuchsaufbauten und Geräten aus der Anfangszeit des Fernsehens. Insbesondere aus der Sonderschau "Fernsehen" von 1937, in der die technischen Grundlagen in der museumstypischen Darstellung mit vielen Versuchen und Demonstrationen vermittelt wurde, konnten etliche Objekte in die Sammlungen überführt werden. So besitzt das Museum viele Versuche des Rundfunk- und Fernsehpioniers Professor August Karolus, der mit Spiegelschrauben, aber auch mit der parallelen elektronischen Übertragung von Bildpunkten arbeitete, ein mechanischer Fernseher "Telehor" von 1929, Demonstrationen mit Nipkowscheiben, Spiegelschrauben und Spiegelrädern. Außerdem ist die vollelektronische Versuchsanordnung von Manfred von Ardenne Bestand der Sammlung. Darin wurde am 6. März 1990, gut 50 Jahre nach Zugang, das Diapositiv eines Bildes aus dem Film "Wochenende" gefunden wurde, welches Imogen Orkutt und Schura von Finkelstein zeigt. Dieses Bild wurde zur prototypischen Abbildung eines 30-Zeilen-Bildes.
90 Jahre Flimmerkiste - wie alle großen Erfindungen begann auch diese mit einem Träumer. „Nach diesem kommen die Wissenschaftler, Staatsmänner, Experte oder Techniker. Aber am Anfang steht der Träumer“. (Rabbi Maurice Davis). Wir gratulieren dem Träumer John Logie Baird zum 90. Jubiläum der Verwirklichung seines Traumes.

Autor/in

Tina Kubot