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Mit einem Anteil von nur 34 Prozent an Wissenschaftlerinnen- und Ingenieurinnen-Anteil liegt Deutschland unter den EU-Ländern auf dem drittletzten Platz, im EU-Durchschnitt sind es 41 Prozent. Daran wollen wir als Museum für Technik und Natuwissenschaft etwas ändern. Es steht daher ganz oben auf unserer täglichen Museums-To-Do-Liste, dass wir bei Menschen Begeisterung und Faszination für Wissenschaft und Technik wecken. Den Internationalen Frauentag haben wir also zum Anlass genommen, an allen unseren Standorten Frauen und Mädchen ins Zentrum unserer Angebote zu stellen. Hier berichten unsere Programmmacherinnen und Kuratorinnen von ihrer ganz speziellen "Pink Power".

Die Zukunft ist sehr weiblich

Eine halbnackte Barbie vor pinkem Hintergrund - mit einem Lötkolben in der einen, einem Glas Sekt in der anderen Hand. Sollte das allen Ernstes die zeitgemäße Darstellung einer Frau für einen Workshop sein? 2024? Im Deutschen Museum?! Ja.

Und das mit Erfolg. Das Angebot für „An-Löten“ war schneller ausverkauft als ein Taylor Swift Konzert – und wir hätten noch Zusatzkurse anbieten können. Um Menschen für museale Angebote und Inhalte zu begeistern, müssen wir uns den Rezeptionsgewohnheiten anpassen und Anknüpfungspunkte aus der eigenen Lebenswelt schaffen: „Barbie“ ist ein extrem erfolgreicher Film mit feministischer Botschaft und einer großen Portion Selbstironie. Barbie bildet im Jahr 2024 eine große Vielfalt, Möglichkeitsräume sowie ein breites Fähigkeitsspektrum von Weiblichkeit ab. Dass die Wespentaille dabei nur ironisch aufgefasst werden kann, liegt im erstarkten Selbstbewusstsein der Frauen. Und für Möglichkeitsräume, Perspektivwechsel, und Vielfalt im Sinne der Futures Literacy, also einer Zukunfts-Kompetenz, steht das Deutsche Museum Nürnberg mit seinem (zufälligerweise) größtenteils weiblichen Team.

Etwas lernen und neu ausprobieren in angenehmer Atmosphäre – was könnte einem Museum besser zu Gesichte stehen? Löten, Lachen und Likörchen zum Thema Technik und Nachhaltigkeit, das kam gut an, vielleicht auch, weil die Teilnehmerinnen eingangs ihre eigene Playlist zusammenstellen durften - ein großartiger Icebreaker. Unser Lötkurs feierte am Weltfrauentag Premiere. Wir kommen mit diesem Angebot dabei einem großen Bedarf in Wirtschaft und Industrie an Fachkräften nach – wir verstehen uns als Teil des Wandels. Wenn Sie also Interesse haben, dann kommen Sie zum Anlöten nach Nürnberg. Informationen auf der Webseite.

Susanne Grube, Leitung Programme/Bildung und Labore Deutsches Museum Nürnberg

Mikrochip-Expertin werden

In der Experimentier-Werkstatt auf der Museumsinsel drehte sich alles um Mikrochips, wie sie funktionieren und wie sie hergestellt werden. Die Teilnehmenden konnten selbst ausprobieren, wie man mit Nullen und Einsen zählt, wie der Computer die Binärzahlen logisch verknüpft, warum der Transistor dabei eine zentrale Rolle hat und wie man die Nullen und Einsen speichert. Silizium-Wafer, Mikrochips, Belichtungsmasken und Grafikkarten wurden inspiziert. Video und Puzzle-Teile ermöglichten einen Einblick zur Mikrochip-Herstellung.

Dank unserer Kooperation mit Micron Technology unterstützten uns am Internationalen Frauentag gleich neun Kolleginnen von Micron als „Volunteers“ – was uns eine ungewöhnliche und erfreulich hohe Konzentration an Ingenieurinnen und Physikerinnen bescherte. In den abschließenden, lebhaften Fragerunden richteten die fast 40 BesucherInnen ihre persönlichen Fragen an die Micron-Kolleginnen: Wie kamen sie zur Berufswahl oder zum Studium der Elektrotechnik? Was genau arbeiten sie? Wie hoch ist der Frauenanteil bei Micron Semiconductor in München? Erleben sie irgendeine Form der Diskriminierung als Frauen in dieser Arbeitswelt?

Fazit: Die Micron-Kolleginnen waren über das große Interesse für Ihre Arbeit äußerst angetan und wollen das „Volunteering“ gerne fortsetzen. Die BesucherInnen haben am Ende der Workshops applaudiert und sich für die besonderen Angebote bedankt, manche blieben gleich noch zur Fortsetzung der Gespräche…
Großer Andrang, große Frauen-Technik-Begeisterung – ein voller Erfolg am Weltfrauentag!

Interesse geweckt? Die Workshops in München sind weiterhin im Angebot. Save the date:

https://www.deutsches-museum.de/museumsinsel/programm/angebot/mikrochips-unter-der-lupe

Eine Führung durch die Museumsbibliothek

Eine Führung durch die Bibliothek des Deutschen Museums ermöglichte einen Blick hinter die Kulissen von Deutschlands größter Museumsbibliothek. Vom Lesesaal mit der Originalmöblierung von 1932 und seinen Porträts berühmter Forscher (die historisch gewachsene Sammlung enthält leider tatsächlich keine Porträts von Forscherinnen) über das Büchermagazin mit seinen fast eine Million Bänden ging es zum Scannerraum, in dem die Bestände der Bibliothek digitalisiert werden.

Den Schlusspunkt bildete ein kleiner Einblick in die Schatzkammer der Bibliothek, in der einige historische Werke präsentiert wurden. Dazu gehörten unter anderem:

Das Werk der deutschen Naturforscherin, Künstlerin und frühen Entomologin Maria Sibylla Merian (1647–1717), in dem ihre Illustrationen südamerikanischer Pflanzen, Schmetterlinge und anderer Tiere („Over de Voortteeling en Wonderbaerlyke Veranderingen der Surinaemsche Insecten“, 1719) bestaunt werden konnten.

Das „Herbarium Blackwellianum“ (erschienen 1750–1773 in sechs Bänden, herausgegeben vom Arzt Christoph Jakob Trew (1695–1769) in Nürnberg), bei dem es sich um einen erweiterten und neu strukturierten Nachdruck eines prachtvoll illustrierten Kräuterbuchs handelt, das die Britin Elizabeth Blackwell (1699–1758) unter dem Namen „A Curious Herbal“ 1737–1739 publizierte, um durch die Einnahmen ihren Mann aus der Schuldhaft freizukaufen.

Wer auch einmal einen Blick auf diese oder ähnliche Werke werfen möchte, ist herzlich zu den regelmäßigen Schatzkammerführungen der Bibliothek eingeladen.

Auch die dreimal jährlich stattfindenden Lesungen in der Bibliothek bieten einen spannenden Einblick in aktuelle Themen zur Naturwissenschafts- und Technikgeschichte.

Eva Bunge, Stellvertretende Leiterin der Bibliothek und Open-Access-Beauftragte

Frau und Mobil? Eine Führung im Verkehrszentrum

Frauen im heutigen Deutschland sind recht mobil. Die Mehrheit der Frauen hierzulande hat heute einen Führerschein und viele reisen auch (mal) allein. Historisch besehen ist die Mobilität von Frauen gleichwohl eine Errungenschaft, denn bis heute sind Frauen weltweit besehen in ihren Bewegungsspielräumen eingeschränkter als Männer. In unserem Themenrundgang haben wir die Mobilitätsbedingungen der Frauen historisch verfolgt und uns mit den Hindernissen für weibliche Mobilität, aber auch mit den Aufbrüchen von Frauen in eine bewegte Welt (in Europa) beschäftigt.

Ein großes Hindernis war die rechtliche Abhängigkeit von Vätern, Ehemännern oder Vormunden. Die letzten dieser Abhängigkeiten blieben in Deutschland bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts erhalten, wenn etwa verheiratete Frauen, die einen Führerschein machen wollten, bis 1958 dafür die Zustimmung ihres Mannes benötigten.

Dennoch gab es immer wieder einzelne Frauen oder auch Lebensbereiche, in denen weibliche Mobilität nicht nur Zwangsmobilität (z.B. Umzug durch Heirat oder Migration) beinhaltete. So fanden sich unter den Wallfahrenden schon im Mittelalter viele Frauen und seit der frühen Neuzeit auch Vorreiterinnen in Sachen Reisen, wie z.B. Maria Sybilla Merian, die 1699 nach Surinam aufbrach um dort im Urwald Insekten und Pflanzen zu beobachten und zu zeichnen.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ging es dann bergauf. Eisenbahn und organisierte Reisen machten es Frauen, die schon durch ihre Kleidung oft bewegungsbeeinträchtigt waren, leichter unterwegs zu sein. Das Fahrrad wurde für manche zum Emanzipationsfahrzeug, und auch fürs Automobil fanden sich früh Anhängerinnen, wie Clärenore Stinnes, die 1927 zu einer Autofahrt um die Welt aufbrach. Vorbilder wie sie trugen mit dazu bei, mobile Rollenbilder im 20. Jahrhundert aufzubrechen.

Interessiert am Thema? Besuchen Sie das Verkehrszentrum auf der Theresienhöhe in München und erfahren Sie in drei Hallen alles über die Geschichte der Mobililtät. Nutzen Sie unseren Audioguide, der dort an der Information erhältlich ist, und erfahren Sie mehr über die Objekte zum Thema "Frau und Mobil. "

Bettina Gundler, Leiterin des Verkehrszentrums

Künstliche Intelligenz und weibliche Stereotype – Achtung aufgepasst!

Geschlechtsspezifischen Diskriminierungen im Zusammenhang mit KI war das Thema unserer Aktion im Deutschen Museum Bonn, einem Musuem, dass sich mit der Entwicklung und Anwendung der Künstlichen Intelligenz befasst . Dazu gab es am Internationalen Frauentag enorm viel Gesprächsbedarf - in Zusammenhang mit Bildern von Weiblichkeit, fragwürdigen Gesichtserkennungssoftwares, zu KIs, die die Defizite in der Frauengesundheit verstärken, weil schlicht keine weiblichen Daten vorhanden sind, und und und!

Unsere "Museotainerinnen", das sind unsere Fachkräfte für Vermittlung,  waren im dauerhaften Austausch – überraschend war für viele Gäste, das Deepfakes vor Allem als digitale Waffe gegen Frauen eingesetzt werden. Das war das mit Abstand am meisten diskutierte Thema.  Wie bei vielen problematischen Anwendungen von KI war hier das Fazit: Es ist kein KI-Problem, sondern ein jahrhundertealtes Sexismus-Problem! Dies konnte schön an den Text-zu-Bildgeneratoren demonstriert werden, die ein verzerrtes Bild von Frauen zeigen.

Die »KI:ckstarts aus weiblicher Perspektive« waren ein absoluter Überraschungserfolg! Viele Frauen, alleine, mit Freundin, Schwester oder Tochter, hatten sich auf den Weg ins Deutsche Museum Bonn gemacht, um bei unserem Spezialformat zum Internationalen Frauentag mitzumachen.

Mit unseren Besucherinnen haben wir tolle Gespräche geführt und gemeinsam überlegt, wie die Zukunft der KI aussähe, wenn mehr weibliche Protagonistinnen im Berufsfeld des maschinellen Lernens tätig wären. Gerade die neuen, kreativen Möglichkeiten der Technologie sind eine Chance, Mädchen zu begeistern, um ein zukünftig ausgewogenes Verhältnis in der bislang weiß und männlich dominierten Tech-Industrie zu erreichen.

Allen Besucherinnen war klar: es braucht etwas mehr als Rosen, um die Ungleichbehandlungen im realen Leben der Frauen nicht mittels KI in eine weitere Dimension auszuweiten!

Tanja Löschner, Bildung & Vermittlung im Deutschen Museum Bonn
 

Gleichberechtigter Zugang zu Boden - Landwirtschaft und Ernährung

​​Als ich gefragt wurde, eine Feierabend-Führung durch die von einem Team aus fünf Frauen kuratierte Ausstellung Landwirtschaft und Ernährung zum Weltfrauentag zu machen habe ich lange nach einem Thema gesucht. Was ist ein frauenspezifischer aber nicht zu klischeebeladener Zugang zu unser Ausstellung? 

Acht sehr interessierte weibliche Mitglieder, Frauen verschiedener Generationen habe ich die Anforderungen an die Landwirtschaft, Tierhaltung, Landmaschinen, Anbauformen, Pflanzenzüchtung vorgestellt. Beim Interview mit Professor Birner in einer unserer Stationen der Ausstellung geht es um das Thema Ernährungssicherung und um die Gleichstellung der Geschlechter: „Im fünften Entwicklungsziel der Vereinten Nationen (SDG5)“ so Regina Birner „geht es beispielsweise darum, dass Frauen gleichberechtigt Zugang zu Boden bekommen, gleichberechtigt Zugang zu Bildung, dass sie aber auch in politischen Gremien auf allen Ebenen gleichberechtigt vertreten sind. Die Erfolge, die wir bislang im Hinblick auf die insgesamt 17 SDGs erreicht haben, sind sehr unterschiedlich. Große Fortschritte wurden aber darin erzielt, Jungen und Mädchen gleichermaßen Zugang zu Grundschulbildung zu ermöglichen.“

Für mich war das ein versöhnlicher Abschluss der Führung und des Weltfrauentags im Deutschen Museum.

Sabine Gerber,  Leiterin Hauptabteilung Naturwissenschaften, Kuratorin Ausstellung Landwirtschaft und Ernährung

Autor/in

Annette Lein

Annette Lein leitet die Internetredaktion. Gemeinsam mit ihrem Team ist sie für die Webseite und die Deutsches Museum App verantwortlich. Im Blog erzählt sie gerne von den Geschichten und Persönlichkeiten rund um das Deutsche Museum.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Die Ausstellung Bild Schrift Codes lädt ein, sich mit dem Thema Kommunikation zu beschäftigen und dabei Rätsel zu entschlüsseln, Schrifttypen kennenzulernen oder am Bücherregal zu schmökern.

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