Ein moderner "Lehrmeister" für die Segelflugschulung
In der DDR hingegen war alles staatlich gelenkt: Die Ausbildung hatte vormilitärischen Charakter, und der prestigeträchtige Flugzeugbau folgte planwirtschaftlichen Vorgaben. In Dresden entstand um den ehemaligen Junkers-Ingenieur Brunolf Baade ein moderner Industriestandort zum Bau von turbinengetriebenen Passagierflugzeugen – ein absolutes Prestigeprojekt des sogenannten Arbeiter- und Bauernstaats, das Millionensummen verschlang. Sprichwörtlich im Windschatten „segelte“ der Segelflugzeugbau, der zunächst den eigenen Bedarf an Schul- und Leistungsflugzeugen decken sollte. Als erster Standort wurde die traditionsreiche Waggonfabrik im thüringischen Gotha reaktiviert, wo bereits seit 1912 Flugzeuge gebaut wurden und im Zweiten Weltkrieg auch militärische Lastensegler entstanden. Ab 1950 waren einige Hundert Vorkriegskonstruktionen einsitziger Schul- und Übungsflugzeuge SG 38 und Baby II die ersten Produkte des jungen DDR-Flugzeugbaus im VEB Waggonbau Gotha.
Die überkommene Schulung auf einsitzigen Gleitern, bei der der Flugschüler nach theoretischer und minimaler praktischer Einweisung allein zurechtkommen musste, hatte bereits vor Kriegsausbruch allmählich begonnen, der Schulung auf leistungsfähigeren und vor allem doppelsitzigen Segelflugzeugen Platz zu machen. In der Bundesrepublik entstanden 1951 bei Scheibe Flugzeugbau in Dachau die Mü 13E Bergfalke (ausgestellt in der Flugwerft Schleißheim) und 1953 bei Alexander Schleicher an der hessischen Wasserkuppe die Ka 2 in jeweils dutzenden Exemplaren, die bereits gute Flugleistungen aufwiesen und mit denen doppelsitzig auch längere Streckenflüge möglich waren.
So lag es 1953 nahe, auch in Gotha einen modernen Zweisitzer zu entwickeln, die Go 530. Als 1954 der DDR-Segelflugzeugbau im sächsischen Lommatzsch bei Dresden auf dem Gelände einer ehemaligen Glashütte eine neue Heimat fand, war das nun in FES 530 umbenannte Schulflugzeug eines der ersten Produkte. FES stand für Forschungs- und Entwicklungsstelle, eine Einrichtung, die in späteren Jahren auch für die Ausrüstung von DDR-Olympiamannschaften etwa mit Hightech-Sportgeräten wie Bobs sorgte.
Rumpf, Leitwerk und Tragflächen der FES 530 entstanden in traditioneller Holzbauweise vor allem aus Flugzeugsperrholz, große Flächen sind bespannt. Erstmals wurden jedoch auch einige nichttragende Bauteile wie etwa Rumpfnase aus Glasfaserlaminat verbaut. Wenig später entstand übrigens in Stuttgart mit der fs 24 Phönix (Erstflug 1957) das erste ganz aus Glasfaser und Polyesterharz gefertigte Segelflugzeug der Welt, heute Teil der Sammlung des Deutschen Museums.