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Von Andrea Geipel und Ronit Wolf
Ende Oktober fand zum dritten Mal unser Symposium „Das digitale Objekt“ unter dem Motto „LINKED“ statt. Linked stand exemplarisch für die Vernetzung von Date, Projekten, Teilnehmer*innen und Institutionen. Im Workshop „Cube-tales – Kreative Kurzfilmgestaltung im Ausstellungsraum“ wollten uns mit Hilfe von Geschichten vernetzen. Eine besondere Herausforderung war dabei, dass das gesamte Symposium, auf Grund von COVID19, im digitalen Raum stattfinden musste.

Um uns dieser Herausforderung zu stellen suchten wir uns Hilfe und kooperierten mit Ronit Wolf vom Münchner Science & Fiction Festival. Gemeinsam stellten wir uns die Frage, wie wir uns dem Thema des Digital Storytelling kreativ nähern können. Hierfür wurden zunächst ganz analog individuelle “Geschichtenwürfel” erstellt und den Teilnehmer*innen zugeschickt. Die Teilnehmer*innen hatten dann die Aufgabe diese erstmal zusammenzubauen und am ersten Kurstag bereitzuhalten.

An Tag eins ging es dann zunächst darum, sich von anderen Geschichtenerzähler*innen inspirieren zu lassen. Wir diskutierten, wie man kreative Ideen sammelt, wie man neue Zugänge findet und welche Elemente man beim Geschichtenerzählen berücksichtigen sollte. In einem Kurzvortrag von Ronit Wolf wurde die grundsätzliche, dramaturgische Struktur von Geschichten aufgezeigt, das 3-Akter-Prinzip aufgedeckt, sowie durch diverse Anregungen erklärt, was eine gute, spannende Story lebendig macht. Aktuelle Beispiele von Storytelling aus der Werbung, Media-Art und dem Münchner Science & Fiction Festival selbst, rundeten den Vortrag ab. Dabei wurde schnell klar, dass die Vielfalt des modernen Geschichten-Erzählens einen Kosmos an Kreativ-Tools bietet, der auch erfolgreich und spontan im Arbeitsalltag angewendet werden kann. Im Zentrum stand aber das praktische Üben mit dem Story-Cube. Aufgabe war es dreimal zu würfeln und dann mit den drei Bildern assoziativ Geschichten zu entwickeln. Die Bilder dienten dabei als Ausgangspunkt, um gemeinsam das freie Assoziieren zu trainieren. Das Bild einer Schere musste dabei z.B. nicht unbedingt bedeuten, dass im Video eine Schere auftauchen muss, sondern, dass alles rund um die Schere Teil der Geschichte bzw. Videoproduktion sein könnte – auch, die Art wie das Video „geschnitten“ ist. Bereits während des ersten Workshopteils entwickelten die Teilnehmer*innen kurze Geschichten, die dann wieder an das Museum rückgebunden werden sollten. Hierfür würfelten sie drei Begriffe, die im Video auftauchen sollten und anhand deren sich die Geschichte entlang entwickelte. Anschließend stellten wir die Aufgabe Kurzfilme zu erstellen, wobei die Technik eine untergeordnete Rolle spielte. Im Zentrum stand die Geschichte. Ziel war es ein 30 sekündiges bis zweiminütiges Video zu erstellen, mit dem eigenen Smartphone, einer Kamera oder einem Fotoapparat (z.B. für Stop-Motion-Aufnahmen). Auch bei der Wahl der verwendeten Technologie ermunterten wir unser Teilnehmer*innen also kreativ vorzugehen. Dies war uns auch deshalb wichtig, weil im Arbeitsalltag nicht immer ausreichend Equipment zur Verfügung steht und am Ende auch mit der besten Technik doch immer die Geschichte im Vordergrund steht.

Tag zwei stand dann ganz im Zeichen dieser Filme, die gemeinsam angeschaut und diskutiert wurden. Wir waren begeistert von der kreativen Umsetzung und der Art wie die Teilnehmer*innen ausgehend von nur drei Begriffen Geschichten entwickelten, die alle eine Verbindung zum Museum hatten. Drei Videos findet ihr ab sofort auf unserem YouTube Kanal.

  • „Die Dame im Mond“ erzählt die Geschichte von einer Frau auf dem Mond. Irina Fritz hat das Video ausgehend von den drei Begriffen Farbtube, Mond und Brille erstellt.
  • Das Video „Die monotone Hypotaxe“ zeigt eine Geschichte, basierend auf den Begriffen Kirsche, Kleeblatt, Flakon. Im Video wird die Geschichte in Morsezeichen erzählt und animiert zu einem Besuch im Deutschen Museum, um die Zeichen zu entschlüsseln. Das Video wurde von Anna-Lena Kämper, Dora Bachem, Leander Höltershinken und Miriam Berger erstellt.
  • „Der Blitzableiter“ erzählt die Geschichte einer Frau aus einer amerikanischen Vorstadt. Mit den Begriffen Cocktailglas, Schallplatte und Blitz landen wir auch hier am Ende wieder im Deutschen Museum. Das Video wurde von Vera Ludwig und Rabea Beschta erstellt.
Am Ende des Workshops diskutierten wir nochmal, inwiefern die Verwendung eines Geschichtenwürfels hilfreich sein kann. Allen war klar, dass es nicht darum gehen kann immer erst Begriffe zu würfeln bevor neue digitale Inhalte entstehen. Stattdessen kann der Würfel wie ein Trainingsgerät angewendet werden, um immer mal wieder zu üben kreativ und spontan Geschichtenideen zu entwickeln. Vielleicht auch, um so eine Sammlung neuer Ideen für die Vorstellung der eigenen Sammlungsinhalte zu erstellen. Der Würfel fungiert dabei also als eine Art Assoziations-Tool. Aber auch andere Ansätze können zur Verbesserung des assoziativen Geschichtenerzählens genutzt werden, z.B. indem man vermeintlich artfremde Themen in seinen Arbeitsalltag einbaut und Verbindungen findet. Indem wir gerade jene Dinge in unsere Arbeit einbeziehen, die für uns neu sind, schaffen wir neue Verknüpfungen. Dabei erzählen wir nicht nur Geschichten, sondern legen auch den Grundstein inter- bzw. multidisziplinären Arbeitens.
Ganz besonders hat uns dann gefreut, dass die Idee nun auch Einzug in unsere Ausstellungsräume gefunden hat. So hat Anna-Lena Kämper einen Geschichtenwürfel für die Physikausstellung des Deutschen Museums entwickelt. Der Würfel dient als Input für Einzelbesucher*innen oder Familien, um die Zeit ohne Abteilungsführungen zu überbrücken ebenso um leichter mit interessierten Besucher*innen ins Gespräch zu kommen. Laminiert sind sie zudem auch leicht zu reinigen und nachhaltig nutzbar. Wir finden, dass das eine wunderbare Idee ist und dass selbst dann, wenn das Erstellen von Videoinhalten oder das Sich-Ausdenken von Geschichten nicht zu den täglichen Aufgaben gehört, so ein Geschichtenwürfel dabei hilft, um z.B. in einer 20minütigen Kreativpause neue Assoziationen zu sammeln, neue Perspektiven einzunehmen oder um einfach mal gedanklich innezuhalten.

Autor/in

Andrea Geipel

Andrea Geipel

Andrea Geipel ist Wissenschaftskommunikatorin und arbeitet im Team Deutsches Museum Digital.

Ihr Tipp für einen Besuch im Museum: Wer nach einem Besuch bei uns noch nicht genug hat, findet unter https://digital.deutsches-museum.de/de/angebote/ viele spannende digitale Angebote, wie zum Beispiel das Online-Spiel der Leibniz-Forschungsmuseen „Museum Monsters“.