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und jedn Tag fang ma wieder an vo vorn …“ sinniert Hans-Jürgen Buchner alias Haindling in seinem  „ewigen Lied“, das mir sofort einfiel, als der erste Leserbrief eintraf: „Was um alles in der Welt hat die Redaktion bewogen, überall diese „Sternchen-Schreibweise“ zu verwenden? fragt der Leser und beklagt den „grammatikalischen Unsinn“ dieser Schreibweise.

Regelrecht verzweifelt klingt das und das kleine Sternderl scheint derart zu stören, dass der Leser gar das Niveau der Beiträge zum aktuellen Schwerpunktthema „Künstliche Intelligenz“ dadurch herabgewürdigt sieht. Ein anderer gibt seiner offensichtlichen Empörung durch eine aus unverständlichen Zeichen bestehende Mail Ausdruck.

Was die Herren nicht wissen können: Sämtliche Beiträge der KI-Forscher*innen kamen in „gegenderter“ Schreibweise bei uns an. Unsere überaus kritische Korrektorin hat daraus natьrlich sofort jeweils die weibliche plus männliche Form gemacht. Also: Forscherinnen und Forscher, Roboterinnen und Roboter etc. – Auch nicht schöner. Nun galt es zu entscheiden: Sollen wir – in vorauseilendem Gehorsam, quasi schon die womöglich beißende Kritik unserer Leser mit einkalkulierend (jene ohne *) – den offensichtlichen Wunsch unserer Autor*innen missachten und aus Leser*innen einfach durchgehend „Leser“ machen? Der Beitrag Alte Vorurteile neu verpackt von Katharina Zweig half uns bei der Entscheidung: Aus der Sicht von KI-Entwickler*innen erscheint es nämlich äußerst sinnvoll, Computern beizeiten beizubringen, dass die Welt nicht nur männlich ist.

Zugegeben: So ganz zufriedenstellend ist die Sache aus sprachschützerischer Sicht nicht. Leider lieh mir ein guter Freund (ohne *) erst nach Erscheinen des Magazins das aufschlussreiche Werk Das weisse Buch von Rafael Horzon. Der Autor erwähnt darin sein Projekt „redesigndeutschland“, das unter anderem eine radikale Vereinfachung der deutschen Sprache beinhaltet (Details dazu unter www.redesigndeutschland.de). Seine Ideen konnten sich bisher noch nicht durchsetzen, inspirierten mich jedoch zu dem Vorschlag, die strittigen geschlechtlichen Zuordnungen immer dann, wenn es um Personen geht, künftig einfach zu versächlichen. Also: Das Roboter, das Forscher, das Lehrer, usw. usf. Doch halt! Die feministische Seite in mir lehnt diesen Vorschlag ab: Wieso versachlichen und die männliche Form des Substantivs beibehalten? Zementiert dies nicht alte Ungleichheiten? Also vielleicht besser: Der Lehrerin, der Forscherin, der Richterin (dekliniert: der Forscherin, des Forscherin, dem Forscherin, den Forscherin)?

Okay, okay. Dann doch lieber das Sternchen. Oder haben Sie eine bessere Idee?

Übrigens: Sollten Sie das neue Mitgliedermagazin noch nicht kennen, dann lohnt es sich, rasch Mitglied zu werden, um künftig vierteljährlich ein Exemplar zu erhalten. In der aktuellen Ausgabe stellen wir ein Forschungsprojekt vor, das sich am Deutschen Museum in den kommenden Jahren mit der Geschichte der künstlichen Intelligenz befassen wird.

Ihre Sabrina Landes
Redaktionsleiterin Kultur&Technik

Autor/in

Sabrina Landes

ist Redaktionsleiterin des Museumsmagazins Kultur & Technik. Sie bloggt regelmäßig zum Erscheinen eines neuen Hefts über ihren ganz persönlichen Zugang zum Magazinschwerpunkt. Das neu erschienene Heft lässt sie erst einmal etliche Tage liegen, bevor sie darin blättert, aus Angst vor den trotz mehrfacher Korrekturen übersehenen Fehlern.