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Wer als Kulturinstitution frühzeitig mit der Digitalisierung begonnen hat, ist derzeit eindeutig im Vorteil. In Zeiten von Corona sind weltweit viele Museen geschlossen, daher kommt der Digitalisierung eine wichtige Rolle zu. Passend zum Frühling schießen fast täglich neue Online-Angebote aus dem Boden.

Auch das Deutsche Museum kann bereits mit einer Vielzahl an digitalen Formaten aufwarten. Uns interessiert aber auch, was in den Weiten des Internets sonst so los ist. Daher möchten wir Sie heute mitnehmen auf eine Entdeckungsreise. Wie gut, dass wir einen Kompass aus unserer Sammlung dabeihaben, um unterwegs nicht die Orientierung zu verlieren! In allen vier Himmelsrichtungen haben wir uns umgesehen und für Sie zusammengetragen, was andere Technikmuseen, Universitätssammlungen und Kulturinstitutionen an digitalen Angeboten zu bieten haben:

SÜDEN

Zunächst folgen wir der Kompassnadel von München aus betrachtet gen Süden:

Das Technische Museum Wien bündelt Angebote wie seinen Online-Katalog, der Österreichischen Mediathek (ein Archiv für Tonaufnahmen und Videos aus Kultur- und Zeitgeschichte Österreichs) oder zu Hause durchführbare Experimente für Kinder in einem digitalen Museum. Eine tolle Idee ist der Aufruf, eine digitale Flaschenpost zu hinterlassen: Im „10-Megabyte-Museum“ können 1000 Leute jeweils 10 MB an digitalen Objekten (z.B. Fotos) einreichen, die dann für die Nachwelt gespeichert werden und in die Museumssammlung eingehen.

Dem Wien Museum kann man aus aktuellem Anlass Fotos von Dingen senden, die für die neu angelegte Corona-Sammlung relevant sein könnten. Auch die Geschichte dazu ist von Interesse. Eine Auswahl der Dinge soll dann später in die Museumssammlung übernommen werden.

Das Zeppelin Museum in Friedrichshafen am Bodensee zeigt auf seinem Facebook-Kanal Live-Führungen und -Workshops. In der digitalen Technik-Sammlung lassen sich bereits 100 Objekte mit Zeppelin-Bezug in Augenschein nehmen, darunter damaliges Merchandise Rasierklingen oder ein Kettenkarussel mit Blechzeppelinen für das Kinderzimmer. Auf Google Arts & Culture kann man sogar durch das Luftschiff „Hindenburg“ laufen.

WESTEN

Weiter geht's im Sonnensinn gen Westen:

Das Exploratorium in San Francisco zeigt Online-Experimente und ein Tinkering-Studio zum Nachmachen. Hier kann jeder lernen, wie sich Viren verhalten und warum Händewaschen uns vor ihnen schützen kann.

Vielfältig ist auch der Webcontent der Smithsonian Institution in Washington, DC: Die Forschungs- und Bildungseinrichtung mit 19 Museen und Galerien stellt Daten im Open Access zur Verfügung. Einfach kreativ werden und etwas damit herstellen! Remix-Beispiele dienen der Anregung.

NORDEN

Die Kompassnadel hat sich endlich nach Norden gedreht, und wir sind in Belgien und den Niederlanden angelangt:

Sie haben noch nie Experimente reproduziert, die mit Christiaan Huygens’ Luftpumpe durchgeführt wurden? In dem Projekt „The air-pump as a fact-factory — a story told in images, sounds, and words“ (Sarton Centre for History of Science /Ghent University Museum) ist das jetzt möglich. (Läuft zwar nicht auf Smartphones und Tablets, aber am PC bei aktiviertem Javascript.)

Auch das Rijksmuseum Boerhaave in Leiden, Museum des Jahres 2019, hat online einiges zu bieten: Neben der schon obligatorischen Online-Sammlung gibt es zum Beispiel die virtuelle Tour „Cosmos: Art & Knowledge“. Auf ihr nimmt uns die vielfach ausgezeichnete Astrophysikerin Prof. Dr. Ewine van Dishoek mit auf eine Reise zu den Gestirnen. So lässt sich auf unterhaltsame Art etwas über den Zusammenhang von Astrophysik und Chemie lernen.

Und damit wandern wir weiter nach Skandinavien, zunächst nach Schweden:

Hier bringt das Tekniska Museetin Stockholm mit dem auf Englisch verfügbaren RobotYoga etwas Bewegung ins heimische Wohnzimmer. Move it like a robot!

Weiter geht’s auf dem Seeweg nach Dänemark: Auch auf der Homepage des Nationalmuseums in Kopenhagen kann man sich durch die digitalen Sammlungen klicken. Wer kein Dänisch kann, findet dazwischen immer auch etwas auf Englisch: In den „Historischen Themen“ kann man spannende Geschichten über Religion, Runen und Historisches Wissen in Dänemark und der Welt lesen. Und das schicke 3D-Modell eines grönländischen Frauenpelzes aus dem Jahr 1475 versteht man ganz ohne Worte, wenn man es sieht und dreht.

Und jetzt legen wir wieder ab und fahren in den Hamburger Hafen:

Mit derWeb-App „Kultur-Routen Harburg“ kann man sich auf eine kleine Reise in die Geschichte des Hamburger Stadtteils begeben (Archäologisches Museum Hamburg & Stadtmuseum Harburg). Wer findet zum Beispiel den Zeppelin, der am 22. Februar 1916 über Harburg hinwegflog? Oder in der Kategorie „Bleiben Sie gesund!“ die Nachbarin, die dem Fotografen Kurt Foige in den 1920ern aus dem dritten Stock eines gegenüberliegenden Hauses herüberwinkte?

OSTEN

Nun geht es gen Osten, dem Sonnenaufgang entgegen:

Wie hört sich Technikgeschichte in Aktion an? Das lässt sich auf den Seiten des Technikmuseums von Slowenien (Tehniški muzej Slovenije) beim EU-Projekt „Sounds of Changes“ herausfinden, einer von mehreren virtuellen Touren. Hier kann man sich zum Beispiel anhören, wie eine batteriebetriebene Lokomotive aus den 1980er Jahren klingt, wenn sie unter Tage in einer Kohlenmine fährt. Oder was für Geräusche es macht, wenn eine Fischerin über einen See rudert und die finnische Fischreuse „Katiska“ ins Wasser wirft. Nicht nur etwas für Musiker*innen, die gerne Alltagssamples in ihren Songs verwenden, wie wir finden.

Beim Flanieren durch den Mathematisch-Physikalischen Salon der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Zwinger ist der Globensaal mit seinen Globenpaaren besonders imposant. Dort steht jeweils ein Himmels- neben einem Erdglobus, da sie bis ins 19. Jahrhundert paarweise hergestellt wurden.

Nanu? Plötzlich fängt die Kompassnadel an zu zittern und wir sind wieder in Nordost angelangt, beim vielfältigen kulturellen Angebot der Hauptstadt:

Eines unserer Leibniz-Partnermuseen, das Museum für Naturkunde in Berlin, bietet unter #fürNatur digital neben Live-Vorträgen und der Digitalen Sammlung auch die VR-Tour „Giraffatitan“ an. O-Ton: „Aufgrund seiner enormen Größe musste der Giraffatitan rund um die Uhr essen. Er war immer auf der Suche nach der nächsten Mahlzeit.“ Wir hoffen, dass Ihnen das momentan nicht bekannt vorkommt und gehen rasch weiter zum nächsten Highlight …

Die Alma Mater Berolinensis, besser bekannt unter dem Namen Humboldt-Universität zu Berlin, besitzt rund 45 Sammlungen. Im digitalen Sammlungsschaufenster des Tieranatomischen Theaters (TAT) mit dem schönen Namen „Flechtwerk der Dinge“ kann man sich bereits 80 Objekte aus 26 Sammlungen und deren mitunter erstaunlichen Zusammenhänge ansehen, die sich immer wieder neu ergeben.

Die Staatlichen Museen zu Berlin haben ihr Online-Angebot gebündelt und bieten u.a. virtuelle Rundgänge und ihre Online-Datenbank an. Auch der Pergamon-Altar als 3D-Modell ist dabei.

Unter der Rubrik „Ausprobieren“ hat das neue Zukunftsmuseum Futurium kleine Aufgaben und Challenges gesammelt, die man zu Hause … richtig! … kann.

Da auch das Felleshus (Gemeinschaftshaus) der Nordischen Botschaften in Berlin für den Publikumsverkehr geschlossen ist, zeigt die Isländische Botschaft ihre dem Meer gewidmete Ausstellung „hafið – Reflections of the Sea“ jetzt häppchenweise online: Jeden Tag postet sie einen der beteiligten Künstler (auch coole Bands oder das Isländische Sinfonieorchester!) auf ihrer Facebook-Seite. Gerade der Dokumentarfilm „KAF | DIVE: RITUALS IN WATER“ der Regisseurinnen Elín Hansdóttir, Anna Rún Tryggvadóttir und Hanna Björk Valsdóttir über Snorri Magnússon, der Säuglingen das Schwimmen beibringt, tut mit seinen schwimmenden, stehenden und lachenden Babys in diesen Tagen richtig gut. Und die blauen Küsse der bereits im MOMA ausgestellten Künstlervereinigung ICELANDIC LOVE CORPORATION sind auch etwas Feines, wenn man sonst schon auf Distanz bleiben muss …

Wer jetzt immer noch nicht genug hat, der kann sich weitere Online-Ausstellungen auf Europeana ansehen. Außerdem seien hier die Hashtags #closedbutopen und #NaturalsciencesAtHome empfohlen, unter denen sich auf Twitter unendliche Weiten von Sammlungen und Museen auftun.

Wir hoffen, dass hier für jeden etwas Interessantes dabei ist und wünschen viel Spaß beim Entdecken, Ausprobieren und Lachen!

Autor/in

Mareike Wöhler

Mareike Wöhler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team Deutsches Museum Digital. Die Historikerin beschäftigt sich mit den Herstellern, der Fertigung und der Geschichte von Objekten zur Messung von Zeit und Raum, um herauszufinden, warum sich Alltags- und Wissensdinge im Laufe der Jahrhunderte verändert haben. Außerdem erzählt sie gerne digitale Objektgeschichten.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Begeben Sie sich in den neuen Ausstellungen auf Fantasiereisen und suchen Sie unabhängig von der jeweiligen Sammlung nach einem verbindenden Thema, zum Beispiel einem Element. Das macht Spaß und schlau!