Dr. Stefan Przigoda und Claus Werner vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum zeigten in ihrem Vortrag „Die Sammlung als Netz. Potentiale und Grenzen der Netzwerkanalyse einer Museumsdokumentation“ auf, wie komplex die Metadaten mittlerweile geworden sind und wie sich Knoten- und Kantendaten in einer relationalen Netzwerkanalyse nach Reduzierung der Komplexität gewinnbringend visualisieren lassen.
Bei der Podiumsdiskussion zum alle Häuser beschäftigenden Thema #OPENACCESS #LIZENZEN #RECHTE wurde unter anderem als Beispiel genannt, dass das Scannen von 3000 Urkunden am Tag noch keine Urheberschaft an den Digitalisaten hervorbringe. Auch wurde die Forderung gestellt, dass seitens des Gesetzgebers eine eindeutigere Haltung in Bezug auf das Urheberrecht entwickelt werden sollte, da die einzelnen Kulturinstitutionen mit ihrem oftmals geringen Personalbestand bei fraglicher Herkunft von Bildern die Aufgabe der Recherche und deren Dokumentation in den meisten Fällen aus Zeitgründen nicht leisten könnten und der Öffentlichkeit somit wertvolles Kulturgut verloren ginge. Auch wenn es sich aus juristischer Sicht vielfach um Einzelfallentscheidungen handele, wünschten sich viele Teilnehmer*innen generelle und klare Richtlinien zum Umgang mit Bildmaterial, damit dieses häufiger und guten Gewissens veröffentlicht werden kann.
Im Laufe der zwei Tage kamen viele technische und inhaltlich-kontextuelle Themen zur Sprache.[2] Eine grundlegende Frage war die nach dem Verhältnis von Museumsobjekt und seinem Digitalisat. In diesem Zusammenhang wurde auch kritisch gefragt, ob die Datennormierung zu einer „Amazonification“, d.h. zu einem in oder out von Objekten. Dingeigenschaften könnten unterdrückt und die Dinge dadurch verflacht werden. Für viele Teilnehmer*innen überwogen hier jedoch eindeutig die positiven Möglichkeiten der Digitalisierung, wenn zum Beispiel die im Museumsraum nur beschränkt einsichtigen Objekten online in 3D und somit von allen Seiten zugänglich gemacht würden.
Einen Tag darauf machte der Frankfurter Ethnologe Dr. Hans Peter Hahn in seinem zusammen mit Julia Rice gehaltenen Vortrag „Das digitale Museum – Erweiterung oder Transformation? Zur Identität und Wahrnehmung von Museen im 21. Jahrhundert“ darauf aufmerksam, vor welchen Herausforderungen Museen und Universitäten heute stünden: Es herrsche zum Beispiel Angst vor dem Verlust der Deutungshoheit im musealen Raum oder davor, dass im Zuge der Digitalisierung bisher ungeklärte Widersprüche in den Altdaten ans Licht kämen. Er zeigte auch auf, dass sich Museen der digitalen Transformation nicht verweigern könnten, wenn sie weiterhin als Orte der Forschung und der Innovation gelten wollten.
Viele Teilnehmer*innen schilderten, dass die Onlinestellung von Objektdigitalisaten eine große Chance für die Museen und Sammlungen sei, internationale Aufmerksamkeit zu erlangen. Die Objektanfragen an einigen Häusern kamen sogar aus Japan und China. Auch kleine Sammlungen könnten so vor dem Vergessen bewahrt und der Forschung und den virtuellen und realen Besucher*innen zur Verfügung gestellt werden. Der Kustos der FAU Erlangen-Nürnberg, Udo Andraschke, brachte dies bereits am ersten Tag auf den Punkt: Man müsse den Staub von den Sammlungen abschütteln, die sich mittlerweile professionalisiert hätten. Digitalisierung sollte von uns gewollt werden, um neue Fragen an die Sammlungen zu richten und vielfältige Diskussionen zu führen. Am Abschluss der Tagung stellte er weitere wesentliche Beobachtungen an: Eine digitale Sammlung bedeutet Verantwortung. Auch die Entwicklung einer digitalen Sammlungsethik stehe in vielen Fällen noch aus. Ebenfalls brauchen wir eine Methodenkritik, die über die Digitalisierung nicht vergessen werden sollte. Analoge und digitale Objekt sollten nicht als Konkurrenten angesehen werden, sondern komplementär: Das digitale Objekt ist eine Ergänzung zum Museumsobjekt, über die Digitalisate wird ein Mehrwert erzielt. Im besten Fall werden analoge und digitale Objekte zusammengeführt. Dies kann zum Beispiel durch drehbare 3D-Modelle erfolgen, die das Museumsobjekt vor Ort erst verständlich machen.
Zugleich wurde im Laufe der zwei Tage deutlich, dass es in allen Häusern noch viel zu tun gibt: Außer der zu leistenden Überzeugungsarbeit für die Digitalisierung der Objektbestände ist dies nicht zuletzt das Programmieren sinnvoller Forschungsumgebungen, in denen das Wissen so gespeichert werden kann, dass sein Abruf für verschiedene Nutzergruppen leicht möglich ist. Optimal wäre eine Mischung aus Finden, was man sucht und Finden, was man gar nicht gesucht hat („Flanieren“), was aber zu neuen Forschungsfragen führt.
Die vielleicht wichtigste Erfahrung des Projektes „Objekte im Netz“ war, dass es bei allen Problemen der Digitalisierung wichtig ist, immer wieder miteinander zu reden – sowohl in der jeweiligen eigenen Institution als auch mit anderen Menschen aus der Digitalisierung, die vor denselben Problemen stehen. In diesem Sinne: Kommen Sie Ende November gerne zu unserem Symposium „Das digitale Objekt II“ im Deutschen Museum vorbei und führen Sie die Diskussion dort fort!