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Ein ungewöhnliches Vorkonferenz-Programm, das #arthistoCamp "Digitale Forschung zu den Dingen", leitete den XXXV. Kunsthistorikertag ein. Dieser fand vom 27. bis 31. März 2019 an der Georg-August-Universität in Göttingen statt und war ziemlich digital ausgerichtet.

Organisiert haben das BarCamp der Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte und das Göttingen Centre for digital Humanities (GCDH). Martin Langner (Göttingen) und Holger Simon (Köln) wählten für die ganztätige Veranstaltung einen besonders schönen Rahmen: das historischen Gebäude der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek – die Paulinerkirche.

Das Format des BarCamps, auch als Unkonferenz bezeichnet, wurde nun erstmals auf dem Kunsthistorikertag ausprobiert und hat mich begeistert: Hier waren es nämlich die Teilnehmer*innen, die gemeinsam die 20 Themen bestimmten, die anschließend in kleinen Gruppen präsentiert, diskutiert und bearbeitet wurden. In vier hintereinander abgehaltenen Runden fanden parallel jeweils fünf Sessions statt – ein Wechsel zwischen den Themen war jederzeit möglich.

Das Gute daran: Statt eines frontal gehaltenen Vortrags mit einer Zuhörerschaft, die mal mehr, mal weniger von den Inhalten profitiert, wird das Thema bei einem BarCamp von den Fragen und Antworten der jeweiligen Gruppe geleitet. Die Zuhörer*innen werden somit zu aktiv Beteiligten und es kommen sowohl allgemeine Fragen als auch Spezialprobleme zum Zuge. Vorgeschlagene Themen beim #arthistoCamp waren beispielsweise Ontologien, Entitäten, Annotationen von digitalen Bildern, Nachnutzung von Daten, 3D-Modelle, Time Machine, Raumsemantisierung oder IIIF – Themen also, mit denen sich aktuell nicht nur die Kunsthistoriker*innen im Bereich der Digitalisierung befassen.

Auch während der anschließenden Tagung war das Thema der Digitalisierung sehr präsent. Das Forum II stellte als zentrales Thema „Das digitale Bild und die Entwicklung des Faches“ in den Fokus und in der Sektion „Objektdigitalisierung: Methoden und Perspektiven“ wurde nochmal die Bedeutung hervorgehoben, die ihr als Teil einer intensiven Objekterschließung zukommt. Erwähnung fand hierbei neben der Orthofotografie, der Fotogrammetrie, dem Laserscanning oder dem Weißlichtscanner auch die Rundumfotografie für den 3D Live-Rundgang des Deutschen Museums. Mit dem Treffen des AK Digitale Kunstgeschichte am Ende der Tagung schloss sich der Kreis des Digitalen: Im Forum VII „Digital zu den Dingen“ sprach unter anderem Lisa Dieckmann (Köln) über notwendige Strategien und Infrastrukturen für datenorientierte Publikationen im Semantic Web.

Als einziger Raum wurde der „Hörsaal 007“ nicht genutzt – oder habe ich ein geheimes Treffen verpasst? Überhaupt nicht geheim, sondern definitiv das meistfotografierte und über Twitter sowie Facebook verbreitete Motiv waren die Kirschblüten des Campus, die sich innerhalb der fünf Tage von kleinen Knospen zu einer hummelanlockenden Fülle entwickelt haben. Der nächste Kunsthistorikertag findet 2021 in Stuttgart zum Thema „Form“ statt – Proteste gegen dieses Projekt „Stuttgart 21“ sind nicht zu erwarten.

Autor/in

Fabienne Huguenin

Fabienne Huguenin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Projekt DigiPortA. Portätmalerei ist einer der Forschungsschwerpunkte der Kunsthistorikerin. Das Thema ihrer Promotion lautet "Hässlichkeit im Portrait – Eine Paradoxie der Renaissancemalerei".

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: In der Abteilung Meeresforschung fasziniert das minutiös gearbeitete Diorama eines Labors auf dem Forschungsschiff „Challenger“ (Expedition 1872–1876). Gleich daneben sind zum Teil behäbig wirkende Helmtaucherausrüstungen und Panzertauchanzüge zu sehen, die an frühere Tauchexperimente erinnern, wie sie auch der Ingenieur Wilhelm Bauer (1822–1875) durchführte: Eine Fotografie auf der Startseite von DigiPortA zeigt den kaiserlichen Submarine-Ingenieur vermutlich im Jahr 1863 anlässlich der Hebung des im Bodensee gesunkenen Dampfers „Ludwig“.