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Was hat das Deutsche Museum mit Schauspiel-Star Claire Danes gemeinsam? Weltweite Bekanntheit, natürlich. Und da ist auch das Faible für außergewöhnliche Stoffe. Das mag bei der Schauspielerin für ihre Rollen gelten, viel mehr aber noch bei der Wahl ihrer Garderobe. Bei der letztjährigen Met Gala in New York erschien Danes beispielsweise in einem Kleid aus Glasfasern. Mit teils äußerst extravaganten Materialien befasst man sich auch in der  Forschungsabteilung des Deutschen Museums.  Im Fokus der Forscher sind Zusammensetzung, Konservierungsfragen und historische Kontexte. Stoff genug bietet das Haus ja, von metallenen Maschinen über hölzerne Musikinstrumente - bis hin zu einem Kleid aus Glasfasern.

Diese spezielle Abendrobe befindet sich seit 1924 im Besitz des Deutschen Museums, „eine Stiftung von Maria de la Paz, der Ehefrau Prinz Ludwig Ferdinands von Bayern“, weiß Charlotte Holzer. Die junge Forscherin hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der TU München den Auftrag, das seltene Stück zu reinigen, zu stabilisieren und ein Konzept für die Aufbewahrung auszuarbeiten. Im Vorfeld hat Holzer bereits viel über die Geschichte des Glasfaserkleids recherchiert: „Es wurde von der Libbey Glass Company aus Toledo, Ohio hergestellt für die Weltausstellung in Chicago 1893.“ Die Firma schenkte das Kleid damals der spanischen Infantin Eulalia, der Schwester von Maria de la Paz.

„Das Glasfaserkleid war vermutlich nie im Museum ausgestellt“, erzählt Holzer, „es wies schon starke Schäden auf als es etwa 1990 dann zur besseren Lagerung ins Bayerische Nationalmuseum gebracht wurde“. Dort stieß die junge Forscherin während eines Volontariats in der Textilrestaurierung auf das seltene Stück. „Das Kleid war stark verschmutzt, das Seidenfutter teils zersetzt und im Glasfasergewebe gab es zahlreiche Risse und Löcher“, sagt Charlotte Holzer. Sie vermutet, dass der schlechte Zustand auf Bombenschäden aus dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist, als die Lagerstätte des Kleides auch als Luftschutzkeller diente.

Jetzt hat Charlotte Holzer das Exponat zurück ins Deutsche Museum geholt. Nachdem die Schäden klassifiziert und dokumentiert wurden, geht es an die Reinigung. Holzer hatte sich dafür eigens  Methoden des weltbekannten Glaskonservierungs-Labors im Corning Museum of Glass (US-Bundesstaat New York) angeschaut: „Zunächst war ich voriges Frühjahr mit Unterstützung des Deutschen Museums dort“, erzählt sie, „im Herbst konnte ich dann mit Hilfe des Rakow Grant for Glass Research, einem Stipendium, noch mal hinfahren und Schadensmuster und spezielle Reinigungsverfahren untersuchen“.

In den nächsten Monaten wird die Doktorandin mit feinen Pinseln und Spezialsauger ganz vorsichtig dem Schmutz auf dem Gewebe zu Leibe rücken. „Die Glasfasern sind bei Punktbelastung sehr brüchig und reagieren auch empfindlich auf Feuchtigkeit“, sagt Charlotte Holzer. Das bedeutet filigrane Feinstarbeit, so besteht ein Bündel Fransen aus 100 bis 200 Filamenten, einzelnen Glassträngen. „Für die Herstellung wurde Glas über einer Flamme erhitzt und mit einem Rad zu einem feinen Faden gezogen.“ Diese Glasfäden wurden dann auf mechanischen Webstühlen häufig in Verbindung mit Seidenfäden weiterverarbeitet. „Für den Stoff für dieses Kleid hat man etwa 30 Stunden gebraucht“, sagt Holzer.

Derlei exklusive Materialien waren natürlich auch ein Modestatement der Eliten: „Das Personal, um solche Stoffe zu pflegen, konnte sich nicht jeder leisten“, sagt Holzer. Und auch heute findet man Glasfasern in der Kleidung nur für den ganz besonderen Auftritt. So wie Claire Danes, deren Robe dank LEDs in den Fasern - passend zum Technologie-Motto der Met Gala - im Dunkeln leuchtete. Weitere Informationen zum Restaurierungsprojekt "Das Glasfaserkleid der Infantin Eulalia von 1893" finden Sie hier.

Autor/in

Sabine Pelgjer

Hat nach dem Studium der Kunstgeschichte bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet, zuletzt als Chefin vom Dienst bei der Münchner tz.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Mit Spaß rechnen! Auch wenn man an Mathematik aus Schulzeiten vielleicht nicht die besten Erinnerungen hat – in unserer Ausstellung findet jeder schnell einen Draht zur „Kunst des Lernens“, wofür der Begriff aus dem Altgriechischen steht. Mit vielen Spielen, wunderschönen Instrumenten und Modellen oder faszinierenden optischen Täuschungen werden Dimension, Perspektive und Symmetrie leicht begreifbar.