Direkt zum Seiteninhalt springen

von

Die Nobelpreis-Medaille liegt schwer in der Hand – sie ist aus Gold und hat einen Materialwert von ein paar Tausend Euro. Ersteigert werden Nobelpreis-Medaillen aber auch schon mal für ein paar Millionen Euro. Und die Medaille des Physikers Ferdinand Braun, der den Nobelpreis 1909 für seinen Beitrag zur drahtlosen Telegrafie bekam, ist keineswegs das wertvollste Schmuckstück im Archiv des Deutschen Museums. Sondern eins unter Zigtausenden. Die größten Schätze dieses Archivs sind auch nicht aus Gold, sondern aus Papier – denn sie bewahren historisches Wissen für künftige Generationen. Am Samstag, 5. März, können Besucher beim Tag der Archive einen Blick in die Schatzkammer des Museums werfen.

Weiße Handschuhe streift Wilhelm Füßl, Leiter des Archivs, über, bevor er eins seiner wertvollen Objekte berührt. Nichts soll die kostbaren Archivalien schädigen. Da ist zum Beispiel eine Original-Werkstattzeichnung von Otto Lilienthal für die Konstruktion des Normal-Segelapparats, des ersten wirklich funktionsfähigen Gleitflugzeugs. Wobei Lilienthal selbst mit der Zeichnung nicht so vorsichtig umging. „Sie sehen sehr deutlich die Flecken auf dem Dokument – es stammt nun mal aus Lilienthals Werkstatt, und nicht aus einer Schreibstube“, sagt Füßl. Der Fleck könnte von Lilienthals ölverschmierten Fingern stammen – oder von seiner Wurstsemmel.

Etwa 4,7 Regalkilometer umfasst die Schatzkammer des Deutschen Museums. Über 300 Nachlässe sind hier versammelt, 1,4 Millionen Fotografien. Und wertvolle Briefe. Wie der von Albert Einstein an den Physiker Ernst Mach. Er beginnt mit den Worten „Hoch geehrter Herr Kollege!“ und endet mit „Ihr ergebener A. Einstein“. Mach wird sich über den Brief sehr gefreut haben – schließlich nimmt Einstein darin Mach gegen die „ungerechtfertigte Kritik“ Plancks in Schutz. Der Brief befindet sich im Nachlass Machs – der wie viele andere Nachlässe bedeutender Wissenschaftler und Ingenieure im Deutschen Museum aufbewahrt wird. In drei Chargen kam das Deutsche Museum an das Vermächtnis desjenigen Mannes, dessen Name heute untrennbar mit der Schallgeschwindigkeit verbunden ist. Aber auch der Nachlass des Computerpioniers Konrad Zuse findet sich hier. Oder der des Komponisten Oskar Sala. Noch nie gehört? Aber sicher! Die Schreie der Vögel in Alfred Hitchcocks gleichnamigem Horrorfilm sind von Oskar Sala auf einem Trautonium eingespielt worden. Und das Deutsche Museum besitzt nicht nur mehrere Trautonien, sondern auch den „tönenden“ Nachlass Salas – mit rund 1900 Tonträgern und Filmen.

„Wir sind eines der weltweit führenden Spezialarchive zur Geschichte der Naturwissenschaft und Technik“, sagt Füßl, der seit 1991 im Deutschen Museum arbeitet. Und vielfach gibt es eine direkte Verbindung zwischen den Exponaten, die das Deutschen Museum ausstellt, und dem Archiv. Wie bei Lilienthal, Zuse oder Sala. Aber auch sehr frühe Handschriften werden hier aufbewahrt - wie ein Albertus-Magnus-Codex aus dem 13. Jahrhundert. Oder eine umfangreiche Porträt- und Kartensammlung, verschiedenste Firmenarchive oder eine Sammlung von rund 3000 zum Teil historischen Filmen. 

Dieser Bestand von unschätzbarem Wert verstaubt nicht etwa in den Regalen – sondern wird eifrig beforscht. Und zwar nicht nur von Museumsmitarbeitern selbst, sondern auch von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt. Gerade in Sachen Luftfahrtgeschichte hat das Archiv des Deutschen Museums einen exzellenten internationalen Ruf – und wird eifrig genutzt. „Wir haben hier ein öffentlich zugängliches Haus“, sagt Füßl. Es steht jedem Interessierten zurVerfügung – und zwar kostenlos. 

Mehr zum Archiv

Einer breiteren Öffentlichkeit wollen die Archivare des Deutschen Museums ihre Sammlung am „Tag der Archive“ vorstellen – am kommenden Samstag, 5. März 2016 von 10 bis 17 Uhr.

Der Tag steht unter dem Motto „Mobiles Leben einst und jetzt“. Zu diesem Thema gibt es eine kleine Ausstellung mit Originalgrafiken aus den Nachlässen der Brüder Hans und Botho von Römer sowie von Theo Lässig. Sie zeigen fantastische Visionen aus den 1920er- bis 1970er-Jahren, wie man sich früher die Mobilität der Zukunft vorgestellt hat. Hubschrauber für alle, fliegende Busse, autonom fahrende Autos – das sieht man auf den Jahrzehnte alten Bildern. Aber auch Einblicke in die Vergangenheit der Mobilität gibt es – im Film „Lokomotiven einst und jetzt“ vom Anfang des 20. Jahrhunderts, in dem man sieht, wie ein Nachbau der berühmten Lokomotive „Puffing Billy“ über die Münchner Kohleninsel dampft, auf der heute das Deutsche Museum steht. Regelmäßige Magazinführungen (10, 12, 14 und 16 Uhr) bieten darüber hinaus einen spannenden Blick hinter die Kulissen. Der Eintritt ist frei.

Autor/in

Gerrit Faust

Gerrit Faust leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Museums. Als gelernter Journalist hat er von vielem ein bisschen, aber von nichts so richtig Ahnung.

Sein Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Unbedingt in die Raumfahrt – schließlich träumt er immer noch von einer Astronautenkarriere. Anschließend einen Einkehrschwung in die „Frau im Mond“. Und dann noch in zwei großartig gestaltete Ausstellungen – die „Musikinstrumente“ und die „Gesundheit“.