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Von Jörg Bradenahl
Was hat die Bundesgartenschau 1979 mit der neusten Ausstellung des Deutschen Museums Bonn zu tun und wie fügt sich ein Exemplar der Gattung Anas platyrhynchos in diese Geschichte ein, mit klaren Bezügen zum gestrigen Girls' Day? Ein Biologe im Dienst des Museums weiß zu berichten.
Der Duden beschreibt den Begriff Effekt als „bezweckte oder auch nicht bezweckte überraschende, beeindruckende Wirkung“. Genau dies steht im Mittelpunkt der neuen Ausstellung Effekthascherei die von MINTaktiv entwickelt, von der Klaus Tschira Stiftung gefördert und nun in Bonn gezeigt wird. Fast überall besteht die Möglichkeit zuzupacken, zu kurbeln und zu schauen, um überraschende Effekte zu erhaschen. 

Eine der Experimentierstationen heißt Auf den Punkt. Der Besucher soll animiert werden eine pendelnde Last durch geschickte Ausgleichbewegungen zum Stillstand zu bringen; eine ganz schön diffizile Angelegenheit. Mit Holz und Edelstahl wurde kein Aufwand gescheut, dieser Station die Attraktivität zu verleihen, die unseren Gästen gebührt. Hier werden, optisch vollendet und intuitiv erfassbar, Effekte der Physik erfahrbar. 
Und doch geht es auch ganz anders: Auf den Punkt zum Stillstand kam ich genau einen Monat vor der Ausstellungseröffnung; damals ganz einfach durch das Betätigen der Fahrradbremse. Es war gegen 7.34 Uhr kurz nach Sonnenaufgang nahe des Bismarckturms, der nach dem Entwurf Götterdämmerung vor über 100 Jahren in Bonn ohne Streit errichtet worden war. Wie fast jeden Morgen führte mein Arbeitsweg durch den Rheinauenpark, dessen Baumbestand nun, 35 Jahre nach seiner Gartenschaugründung, passabel herangewachsen war. Der Anblick einer watschelnden Stockente (Anas platyrhynchos) ist in diesem Park nichts Ungewöhnliches und würde kaum zu hektischen Bremsmanövern führen. In diesem Fall aber saß ein weibliches Exemplar von Europas größter Schwimmente auf einem Baum und pickte versonnen auf dessen Moos- und Flechtenbewuchs herum.  Bevor ich mir tiefschürfende Gedanken über das wie und warum machen konnte, flog ihr männlicher Begleiter heran, ein grünbekopfter Erpel. Die schwimmhautbewährten Füße voran hatte er sich die Astgabel vor seiner Partnerin als Ziel ausgesucht. Energisch und fast heroisch setzte er zur Landung an, das Gleichgewicht mühsam haltend. Doch er rutschte ein wenig zu weit, kippte seitlich weg, der Schwerkraft entgegen, um letztlich mit lautem Flügelschlag eine notdürftige Landung auf dem Rasen hinzulegen. Dort verbrachte er die restliche Zeit, bis zum Abflug seiner geschickteren Hälfte, mit lustlosem Grasgezupfe. Eine klassisch männliche Übersprunghandlung bei gekränktem Stolz. 
Die Baum-Ente war auf dem Punkt – auf dem Ast – auf dem Baum. In Sachen Effekthascherei gebührte ihr eindeutig der Vortritt. Überrascht und beeindruckt harrte ich lange aus. Dann musste ich mich sputen. Ich schaffte es gerade noch zur Arbeit – auf den Punkt.
Die Sonderausstellung "Effekthascherei" ist noch bis 28. Juni 2015 im Deutschen Museum Bonn zu sehen.

Über den Autor

Sonderausstellungen und die Schausammlung bieten reichlich Spiel-Raum um wissenschaftliche Begrifflichkeit in ein verständliches Laienmaß zu übersetzt. Ob Text oder Grafik, ob interaktives Modell oder Bildergeschichten, der Biologe Jörg Bradenahl setzt alle Mittel zur Verständigung im Ausstellungsbereich des Deutschen Museums Bonn ein. 
Sein Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum Bonn: Einen originalen, tonnenschweren Teilchenbeschleuniger gibt es nur in Bonn zu bewundern. Anfassen und verstehen wie er und seine größeren und jüngeren Geschwister am CERN funktionieren, ist gar nicht so schwer. Teilchenphysik für Neugierige. 

Autor/in

Deutsches Museum Bonn

Das Deutsche Museum Bonn zeigt rund 100 zeitgenössische Meisterwerke aus Naturwissenschaft und Technik. Die Objekte, darunter auch viele nobelpreisgekrönte Forschungsergebnisse, stellen exemplarisch wesentliche Zweige der naturwissenschaftlich-technischen Entwicklung der letzten fast sieben Jahrzehnte vor.