Und doch geht es auch ganz anders: Auf den Punkt zum Stillstand kam ich genau einen Monat vor der Ausstellungseröffnung; damals ganz einfach durch das Betätigen der Fahrradbremse. Es war gegen 7.34 Uhr kurz nach Sonnenaufgang nahe des Bismarckturms, der nach dem Entwurf
Götterdämmerung vor über 100 Jahren in Bonn ohne Streit errichtet worden war. Wie fast jeden Morgen führte mein Arbeitsweg durch den Rheinauenpark, dessen Baumbestand nun, 35 Jahre nach seiner Gartenschaugründung, passabel herangewachsen war. Der Anblick einer watschelnden Stockente (
Anas platyrhynchos) ist in diesem Park nichts Ungewöhnliches und würde kaum zu hektischen Bremsmanövern führen. In diesem Fall aber saß ein weibliches Exemplar von Europas größter Schwimmente auf einem Baum und pickte versonnen auf dessen Moos- und Flechtenbewuchs herum. Bevor ich mir tiefschürfende Gedanken über das wie und warum machen konnte, flog ihr männlicher Begleiter heran, ein grünbekopfter Erpel. Die schwimmhautbewährten Füße voran hatte er sich die Astgabel vor seiner Partnerin als Ziel ausgesucht. Energisch und fast heroisch setzte er zur Landung an, das Gleichgewicht mühsam haltend. Doch er rutschte ein wenig zu weit, kippte seitlich weg, der Schwerkraft entgegen, um letztlich mit lautem Flügelschlag eine notdürftige Landung auf dem Rasen hinzulegen. Dort verbrachte er die restliche Zeit, bis zum Abflug seiner geschickteren Hälfte, mit lustlosem Grasgezupfe. Eine klassisch männliche Übersprunghandlung bei gekränktem Stolz.
Die Baum-Ente war auf dem Punkt – auf dem Ast – auf dem Baum. In Sachen Effekthascherei gebührte ihr eindeutig der Vortritt. Überrascht und beeindruckt harrte ich lange aus. Dann musste ich mich sputen. Ich schaffte es gerade noch zur Arbeit – auf den Punkt.