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Wie viel 'Gabriel von Seidl' ist auf der Museumsinsel eigentlich vorhanden? Zeit für einen Blick in die Baugeschichte.

Von Angelika Kaltwasser

Beim großartigen An- und Umbau des Lenbachhauses von Norman Foster, beim Bayerischen Nationalmuseum - der Name des Architekten Gabriel von Seidl wird gerade in Zusammenhang mit bekannten Münchner Museen genannt.  Höchste Zeit für uns, dachte ich, auch einmal dieses Architekten zu gedenken, war er es doch, der unter dem Bauherrn Oskar von Miller 1907 den Wettbewerb "Deutsches Museum für München" gewonnen hat.  Wenn man heute vom Deutschen Museum spricht, muss man sich klar machen, dass dieses eine Gebäude aus vier, wenn man die Luftfahrthalle noch dazuzählt, aus fünf Einheiten besteht, die über Jahrzehnte zusammengekommen sind, geplant und realisiert wurden sie von mehreren Architekten in jeweils der Zeit entsprechenden modernsten Bauweisen. So wollte es Oskar von Miller von Anfang an: Das Museum sollte selbst ein Exponat sein. 

Gabriel von Seidl (1848-1913) kam als drittes von sechs Kindern der Eheleute Seidl in München zur Welt. Sein Vater, Bäckermeister von Beruf, hatte die Tochter des Brauereibesitzers Gabriel Sedlmayr geheiratet. Er gelangte über den Umweg über die Gewerbeschule und eine Schlosserlehre in der Maffeischen Maschinenfabrik zum Ingenieursstudium, das dem Vater die besten Aussichten auf eine gesicherte Existenz zu versprechen schien. 1869, nach dem Tod des Vaters, bricht er dies ab und wechselt zum Architekturstudium. 1879 erhielt er von seinem aus der Brauereidynastie Spaten stammenden Onkel Gabriel Sedlmayr, seinen ersten Bauauftrag für ein "deutsches Haus" mit Gasträumen in der Sophienstraße. Die bemalten Wirtshauswände waren der Beginn des ihm eigenen Nationalstils, der auf eine malerische Wirkung abzielt. Seidl gilt heute als einer der bedeutendsten Vertreter des Historismus in Deutschland. Er schuf den als typisch münchnerisch geltenden Ausdruck des bayrischen Heimatstils.

1893 gewann Gabriel von Seidl mit Unterstützung von Franz von Lenbach den Wettbewerb für den Neubau des Bayerischen Nationalmuseums. Es war ein Bau gefragt, dessen Architektur sich nicht in den Vordergrund spielen sollte. Das Gebäude sollte als gewachsenes Ensemble erscheinen, die Sammlungen sollten sich in dessen Außenbau widerspiegeln. Eine Aufgabe, die ganz zu Seidls Auffassung passte. Er passte den Baustil der Fassade an die verschiedenen Objekte im Inneren an. Rudolf Seitz, der als Ehrenkonservator des Bayerischen Nationalmuseums mit den Sammlungen gut vertraut war, konnte ihm für den Wettbewerb wertvolle Tipps geben. Bei der Innenausstattung arbeiteten die beiden dann zusammen. Am 29. September 1900 wurde das Bayerische Nationalmuseum eröffnet. Seidl und Seitz wurden daraufhin für ihre Leistungen geadelt. 

Dieser gute Ruf eilte Gabriel von Seidl voraus, als der Gründer des Deutschen Museums, Oskar von Miller (1855 -1934) einen Architekten für sein Museum suchte. Er hatte sich bei der 1903 in München stattfindenden Jahreshauptversammlung des Vereins Deutscher Ingenieure Einverständnis zum Bau eines technischen Museums eingeholt. Seit er in Paris das "Conservatoire des Arts et Metiers" und in London das "Kensington Museum" besucht hatte, wollte er in Deutschland eine gleiche, wenn nicht sogar bessere Ausstellung der technischen Entwicklung aufbauen. Das Museumsgebäude sollte mit den modernsten Techniken erbaut werden, man sollte von außen sehen, dass im Inneren modernste Technik und Wissenschaft ausgestellt sind. Gabriel von Seidl, der Schöpfer des Bayerischen Nationalmuseums, erschien ihm dafür der richtige Mann.

Gerne hätte Oskar von Miller seinen Freund Gabriel von Seidl gleich zu seinem Architekten gemacht, aber die Stadt verlangte eine Ausschreibung. 1905 wurde Gabriel von Seidl beauftragt, ein Vorprojekt zu machen. Dieses wurde Grundlage für den Wettbewerb "Deutsches Museum für München". Die Nachfrage zur Teilnahme am Wettbewerb war riesig, es kamen 120 Anfragen, jedoch wurden dann nur 31 Projekte abgegeben. Die Architekten ahnten wahrscheinlich schon, dass der Gewinner bereits feststand.

Den Auftrag zur Ausführung bekam dann 1907 auch, wen wundert's, Gabriel von Seidl, dessen Projekt sich dann nicht mehr von seinem Vorprojekt unterschied. Jedoch wurde so auch nicht gebaut, Gabriel von Seidl musste seine Pläne nach den Wünschen Oskar von Millers immer wieder ändern. 1909 konnte mit dem Bau begonnen werden. Im Oktober 1911 wurde Richtfest gefeiert. Im April 1913 verstarb Gabriel von Seidl.

Das Haus war im Rohbau fertig. Nachfolger wurde sein Bruder Emmanuel, der schon im Büro des Bruders am Bau mitgearbeitet hatte. Bedingt durch den Ersten Weltkrieg verzögerte sich die Fertigstellung des Baus immer weiter. 1919 starb auch Emmanuel von Seidl. Keiner der beiden Seidl-Brüder konnte die Fertigstellung des Deutschen Museums erleben. Prof. Oswald Biber, Architekt der Borstei, beendete dann den Bau im Sinne des Seidl'schen Entwurfes.

1925 konnte das Museum mit Umzug und großen Feierlichkeiten eröffnet werden. Dabei wurde ein "Museumsneubau" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, der schon bei der Einweihung altmodisch wirkte. Der Museumsbau wurde ja bereits zwanzig Jahre zuvor entworfen - noch dazu von einem Architekten, der sich nicht zu dem modernen Stahlbeton bekannte, sondern ihn bearbeitete und teilweise mit Naturstein verkleidete. Die konstruktiven Möglichkeiten, die das Bauen mit Stahlbeton ermöglichen, werden nur im Inneren ersichtlich. Aber die luftigen Konstruktionen der Ausstellungsräume sind das Ergebnis der Arbeiten des Statikers Johann Baptist Bosch, des damaligen Leiters des Brückenbauamts, den Oskar von Miller extra für die Baustelle im Deutschen Museum für einige Jahre beurlauben ließ. So liegt es an dem oben genannten und weniger an der Tatsache, dass Gabriel von Seidl die Fertigstellung seines Entwurfes nicht mehr erleben konnte, dass das Deutsche Museum in den Berichten über ihn kaum Erwähnung findet. 

Angelika Kaltwasser ist Architektin und Mitarbeiterin am Forschungsinstitut des Deutschen Museum. Sie bietet gelegentlich Führungen zur Baugeschichte des Deutschen Museums an. Wenden Sie sich an das Führungsbüro, falls Sie Interesse haben.

Weiterlesen:

  • Mehr zur Geschichte des Deutschen Museums
  • Anlässlich des Jubiläums gibt es einen Gabriel von Seidl-Pfad als Rundgang durch die Münchner Innenstadt.
  • Mehr zur Baugeschichte: "Museum im Umbruch. Das Deutsche Museum sucht nach neuen Interpretationen seiner Geschichte." Von Angelika Kaltwasser in Kultur und Technik 2/2011.

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Gastblogger

Immer wieder schreiben Gäste im Blog - Informationen zu diesen Autorinnen und Autoren finden sich im jeweiligen Beitrag. Als Gastblogger schrieben in letzter Zeit: <link 12873 - internal-link-new-window "Opens internal link in new window">Jutta Schlögl</link> war als Physik-Ingenieurin im Bereich Technische Entwicklung tätig und ist seit 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin des Deutschen Museums. Sie leitet das Projekt Experimentier-Werkstatt.Dorothea Föcking ist Hamburger Abiturientin und macht ein zweimonatiges Praktikum im Vorbereitungsteam der Sonderausstellung "Anthropozän". Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Bei einem Museumsbesuch sollte man unbedingt Halt in der <link 81 - more>Pharmazie-Ausstellung</link> machen, um in das Innere der riesigen, gemütlichen Zellnachbildung zu schauen.