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Zum 100 jährigen Jubiläum des Deutschen Museums werfen wir einen besonderen Blick auf unsere Sammlung: Wie haben sich Gebrauchsgegenstände seit 1925 verändert? Wie hat man vor 100 Jahren Kopien hergestellt? Wie kann man aus Kaffeesatz eine Tasse zaubern? Unsere Kuratorinnen und Kuratoren erzählen im Blog, was dahintersteckt – und wie eine Webanwendung diese Zeitreise digital erlebbar macht.

Technik prägt unseren Alltag

Technik prägt unseren Alltag: gestern, heute und morgen. Im Deutschen Museum erzählen Objekte aus unterschiedlichen Zeiten davon, wie Menschen dachten, arbeiteten, kommunizierten und lebten und machen technische Veränderungen auf anschauliche Weise greifbar. Doch wie hat sich unser technisches Umfeld im letzten Jahrhundert verändert? Welche Entwicklungen haben unseren Umgang mit Werkzeugen, Geräten und Medien beeinflusst?

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Deutschen Museums hat sich das Cluster “Digitale Projekte” in einer digitalen Ausstellung mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht einzelne Erfindungen, sondern dialogische Gegenüberstellungen. Historische und zeitgenössische Technikobjekte treten in Beziehung zueinander, eröffnen Kontraste und Verbindungen und erzählen von Wandel und Kontinuität. Besucherinnen und Besucher erfahren, wie sich Funktion, Form, Material und Bedeutung technischer Geräte im Lauf der Zeit verändert haben und welche gesellschaftlichen Entwicklungen damit einhergingen.

Das Projekt zeigt, dass Technikgeschichte stetig fortgeschrieben wird. Mit jedem neuen Objekt, das entwickelt wird, mit jeder alten Technik, die aus dem Alltag verschwindet, entstehen neue Geschichten, neue Herausforderungen und neue Chancen. In einer Zeit, in der technologische Innovationen unseren Alltag in immer kürzeren Abständen verändern, wollen wir auch Fragen an die Zukunft zu stellen: Wie wollen wir Technik künftig gestalten? Welche Rolle sollen Nachhaltigkeit, Zugänglichkeit und soziale Verantwortung spielen? Und wie können wir sicherstellen, dass Fortschritt nicht nur technisch, sondern auch kulturell und menschlich gelingt?

Wir haben uns mit den Kuratorinnen und Kuratoren über die ausgewählten Objektpaare unterhalten und geben einen Einblick in die Gedanken und Überlegungen, die hinter der Entstehung des Projekts stehen.

Kopierkunst in Höchstform

Wie man Dokumente damals und heute vervielfältigt(e), erzählen uns die Kuratorinnen Sonja Neumann und Katja Rasch: Um Zeichnungen oder Pläne zu vergrößern, zu verkleinern oder zu vervielfältigen, musste man früher mühsam Punkt für Punkt übertragen. Erst mit der Erfindung des Pantografen 1603 war es möglich, eine Zeichnung mit einem Stift abzufahren und sofort ein maßstabsgetreu vergrößertes oder verkleinertes Bild zu erhalten.

Ein besonders hübsches Exemplar dieser Spezies ist der sogenannte Silhouettenzirkel von 1782. Er wurde verwendet, um Schattenrisse auf die gewünschte Größe zu bringen – ohne Schwierigkeiten selbst für ungeübte Laien.

Mehr als 200 Jahre später tun sich im Zuge der Digitalisierung neue Möglichkeiten auf. Vielleicht nicht ganz so anmutig, aber äußerst effektiv. Das Multifunktionsgerät aus dem Jahr 2000 jedenfalls ist ein wahres Wunderwerk der Technik: Es kann Dokumente, ob Bild oder Text, nicht nur scannen, vervielfältigen, vergrößern, verkleinern, drucken… sondern auch faxen! In einer Welt voller E-Mail, Cloud-Speicher und Instant Messaging samt KI mutet das All-in-One-Gerät bereits heute wie ein Relikt aus einer anderen Zeit an.

Ideenreichtum bei der Wahl der Materialien

Die Menschen besaßen schon immer einen immensen Ideenreichtum bei der Entwicklung von neuen Materialien. Diese stellten in der Geschichte der Menschheit einen Katalysator für technischen Fortschritt dar.

Die Espressotasse aus einem Dispersionsverbundwerkstoff stammt aus dem Jahr 2020. Sie besteht aus Kaffeesatz, der mit einem abbaubaren Biopolymer verklebt wurde. Tatsächlich sind Verbundwerkstoffe schon seit der Antike bekannt. Der erste Einsatz von Verbundwerkstoffen geht auf ca. 3400 v. Chr. in Mesopotamien zurück. Hier wurde Sperrholz in verschiedenen Winkeln zusammengeklebt. Heute finden viele moderne Werkstoffe aus Verbundwerkstoffen in der Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie und vielen anderen Industriezweigen ihren Einsatz. 

Porzellan wurde in Deutschland im Jahr 1707 in Meißen das erste Mal hergestellt, bekannt war es aber in China bereits seit dem 7. Jahrhundert. Ursprünglich wurde Porzellan als weißes Gold bezeichnet, weil der Erfinder des deutschen Porzellan Johann Friedrich Böttger ursprünglich Gold herstellen wollte. Aber auch Porzellan, bei dem viele als erstes an ein hochwertiges Kaffeegeschirr denken, findet heute seinen Platz bei den modernen Werkstoffen.

Kuratorin Marcelina Malissek hat dieses besondere Pärchen aus folgendem Grund ausgesucht: “Die Tassen habe ich ausgewählt, weil ich es spannend fand, wie die unterschiedlichen Materialien im Laufe der Geschichte ihren Einsatz fanden. Und teilweise ist es ja auch überraschend, dass einerseits so moderne Materialien wie die Verbundwerkstoffe eigentlich schon länger bekannt sind und andererseits so historische Materialien heute wieder ihren Einsatz in Gebrauchsgegenständen finden.”

Mining damals und heute

Bis in das Jahr 2009 war mit Mining die englische Übersetzung für den Bergbau gemeint, also die Gewinnung von Bodenschätzen aus der Erde. Eine besondere Darstellung dafür ist das sogenannte Buckelbergwerk. Der Begriff geht aber nicht auf die Arbeit im Bergwerk, sondern auf die Art der Präsentation zurück: Buckelbergwerke wurden meist von invaliden Bergleuten gebaut und zum Beispiel auf Jahrmärkten für einen zusätzlichen Verdienst gezeigt. Dabei wurden die Bergwerksmodelle oft auf dem Rücken (Buckel) getragen. 

Wenn wir heute über den eingedeutschten Begriff Mining sprechen, dann meinen wir eine aufwändige Rechenleistung, die mit dem Konzept der Krypto-Währung verknüpft ist. Gängig ist auch der Begriff des “Schürfens” nach Krypto-Währung. Statt nach Bodenschätzen wie Erz wird beim heutigen Mining nach virtuellen Schätzen gegraben. Diese neue Auslegung eines jahrhundertealten Begriffs brachte die beiden Kuratorinnen Carola Dahlke und Michaela Meier zur Zusammenstellung dieses besonders ungewöhnlichen Objektpärchens. Während sich das Buckelbergwerk bereits seit mindestens 1925 in der Sammlung des Deutschen Museums befunden hat, ein echtes Urgestein also, kam erst im Jahr 2023 ein Miner hinzu. Dabei handelt es sich um ein extra als durchsichtiges Ausstellungsstück aufgebautes Mining-System mit zehn leistungsstarken Grafikkarten zum Schürfen nach der Krypto-Währung Ethereum.

Krypto-Geld ist ein staaten- und bankenunabhängiges Währungssystem, das in Form einer Blockchain dezentral, also überall im gesamten Netzwerk gespeichert vorliegt. Wenn eine Veränderung an der Blockchain vorgenommen wird, d.h. wenn ein neuer Block hinzugefügt wird, muss sichergestellt werden, dass keine gefälschten oder widersprüchlichen Informationen in das Netzwerk gelangen. Hier kommt der heutige Begriff des Mining ins Spiel: Um einen neuen Block zu validieren und eine Belohnung in Form von Kryptowährung zu erhalten, müssen die Teilnehmenden des Netzwerks komplexe mathematische Probleme bewältigen. Diese Probleme lassen sich nur mit erheblichem Rechen- und Energieaufwand lösen. Dadurch ist es extrem aufwändig und teuer, dieses System böswillig zu manipulieren.

Digitale Ausstellungen gemeinsam gestalten

Die hier gezeigten Objektpaare sind Teil einer Digitalen Ausstellungen auf dem Portal Deutsches Museum Digital. Entstanden in Zusammenarbeit der Abteilungen Deutsches Museum Digital und dem Ausstellungen/Sammlungen – genauer gesagt im Forschungscluster Digitale Projekte, der seit 2023 am Deutschen Museum besteht. Ziel dieses Clusters ist es, die Zusammenarbeit zwischen dem Forschungsinstitut und dem Ausstellungsbereich zu stärken und neue Formate zu entwickeln.

Ein besonderes Anliegen ist dabei, den klassischen Arbeitsablauf im Museum – also das Planen und Gestalten von Ausstellungen im Ausstellungsgebäude – um eine neue Möglichkeit zu erweitern: Digitale Ausstellungen. Diese eignen sich besonders gut, um einzelne besondere Objekte, aber auch Themen- oder Fachbereiche zu präsentieren, für die es aktuell keinen Platz oder Raum gibt.

Um die Vielfalt der Themen bei den Objektpaaren bestmöglich abzubilden, wurde das gesamte kuratorische Team des Museums eingeladen, sich zu beteiligen

Alle Objektpaare entdecken

Jetzt 3D-Modelle entdecken

Im Digitallabor des Deutschen Museums passiert gerade Spannendes: Mit modernen 3D-Scannern und digitalen Werkzeugen entstehen detailgetreue digitale Zwillinge unserer Sammlungsstücke.
Wie funktioniert das eigentlich? Welche Objekte wurden schon digital vermessen? Und was kann man mit diesen 3D-Modellen alles machen?

Werfen Sie doch selbst einen Blick auf unsere Sammlungsstücke als 3D Modelle:
Hier entdecken: 3D-Modelle des Deutschen Museums auf Sketchfab

Autor/in

Margherita Kemper

…ist promovierte Biologin und zuständig für den Bereich Life Sciences. Dies umfasst nicht nur die spannende Sammlung an Laborgeräten sondern auch die Leitung des DNA-Besucherlabors. Hier können Interessierte selbst an Laborgeräten unter Anleitung experimentieren und PCR, DNA-Isolation und Antigentests kennenlernen.

Ihr Tipp – Im Untergeschoss der Eingangshalle finden Sie eine Highlight-Ausstellung zu aktuellen Themen der Nano- und Biotechnologie. Hier können Sie sich zu spannenden Themen wie PCR, Rasterkraftmikroskope oder über die Genschere CRISPR/Cas informieren.

Bernadette Mischka

Die Historikerin arbeitet als stellvertretende Leiterin Deutsches Museum Digital. 

Ihr Tipp:
Im Online-Portal Deutsches Museum Digital finden Sie nicht nur Objekte aus unseren Ausstellungen, sondern auch sonst verborgene Sammlungsbestände aus unseren Depots. Viel Spaß beim Stöbern!

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