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Naturalien, Münzen, Papiergeld – alles wurde schon überall gefälscht. Drakonische Strafen in Antike und Mittelalter schreckten Falschmünzer nicht ab. Und in der Neuzeit wurde mancher Geldfälscher gar zum Volks- und Filmhelden.

„Es gibt nichts, was nicht gefälscht wird“, schrieb vor 2000 Jahren der Philosoph Philon von Alexandria. Und so beginnt die Geschichte des Falschgelds mit Naturalien: Unter assyrischen Tontafeln, die 2300 vor Christus Zahlungsmittel waren, fand man Fälschungen. Auch Gehäuse der Kaurischnecke, die mindestens seit 1000 vor Christus in Asien als „Muschelgeld“ dienten, wurden aus Knochen und Stein nachgemacht.

Dann erfanden die Lyder in der heutigen Türkei die Münzen. Und schon wenig später traten die ersten Falschmünzer auf den Plan. Für sie führte Solon in Athen im Jahr 594 vor Christus die Todesstrafe ein. Bei den Römern, deren silberner Denar gerne gefälscht wurde, reichte der Strafenkatalog vom Deportieren bis zum Kreuzigen. Frühe Münzen, die noch keinen geprägten Rand hatten, wurden befeilt und beschnitten, um etwas Gold oder Silber für sich zu behalten. Irgendwann kamen Falschmünzer auf die Idee, Münzen auszuhöhlen oder aufzuspalten. Das Edelmetall im Inneren vereinnahmten sie und ersetzten es durch billigere Metalle wie Zinn oder Blei. Auch umgekehrt funktionierte das Handwerk, indem man Münzen aus billigem Metall außen versilberte oder vergoldete. Schließlich gossen und prägten Fälscher auch ganze Münzen, die schlicht weniger Edelmetall enthielten. Im Mittelalter sahen die offiziellen Münzen nicht alle genau gleich aus, selbst im Gewicht unterschieden sie sich. Falschmünzer hatten so leichtes Spiel. Vorsicht war freilich geboten, denn manch einen, der aufflog, erwartete ein grausames Schicksal: Er verlor den Kopf, zumindest aber Ohren oder Hand. Manch einer wurde gar in siedendem Öl gesotten, wie der Diepholzer Münzmeister Vleminck anno 1531.

Kultur und Technik

Ein Streifzug durch die Geschichte des Geldes

Währenddessen hatte man in China bereits das Papiergeld erfunden. Marco Polo berichtet 1276 von der Herstellung der kaiserlichen Banknoten: Man streifte die Rinde der Maulbeerbäume ab, weichte den Bast ein und verarbeitete ihn im Mörser zu Brei. Daraus entstand schwarzes Papier, das je nach Wert in verschieden große Rechtecke geschnitten, von Beamten signiert und mit Siegel und Stempel versehen wurde. Fälscher würden bestraft, ergänzte Marco Polo. Und auch beim Papiergeld fielen die Strafen drastisch aus: 1294 drohte man in Persien mit der Hinrichtung samt Frau und Kind. In Europa zählten die Briten zu den ersten, die Papiergeld einführten. 1694 begann die Bank of England mit der Ausgabe handgeschriebener, später gedruckter Banknoten. Rasch traten Fälscher auf den Plan, die Bank führte 1697 ein Wasserzeichen ein. Auch Staaten erkannten die „Vorteile“ der Geldfälschung: Im Unabhängigkeitskrieg fälschten die USA 1776 britisches Geld, um die Währung zu erschüttern und den Feind zu schwächen.

Im Zuge der Industrialisierung setzte sich das Papiergeld im 19. Jahrhundert voll durch, auch auf deutschem Boden. Geldfälschen hieß nun, Banknoten in großen Mengen zu fälschen. Banden und Einzeltäter verteilten die Blüten über Mittelsmänner. Sie bezahlten damit und erhielten echtes Geld gewechselt. Immer bessere Druckverfahren und die Fotografie halfen den Fälschern. Münzgeld nachzumachen lohnte sich kaum mehr, wohl aber das Fälschen wertvoller Sammlermünzen. So entstanden in den letzten Jahrhunderten zahllose Geldfälschergeschichten, von denen wir einige im Folgenden und noch mehr in der Kultur und Technik erzählen.

Handgezeichnete Dollar-Blüten

Hoffnungsvoll schiffte sich der deutsche Auswanderer Emanuel Ninger mit seiner Frau Adele im Dezember 1882 in Rotterdam ein. Ihr Ziel: New Jersey. Doch sein Plan, als Kunstmaler Geld zu verdienen, ging nicht auf. Und Adele erwartete ein Kind. Der verzweifelte Ninger nahm einen 20 Dollar-Schein und malte ihn ab, auf ein handgeschöpftes Blatt Papier der Marke, die damals auch Papier für echte Dollars lieferte. Es gelang so gut, dass Ninger zwei weitere falsche Banknoten anfertigte. Im Juni 1883 gab er sie bei Einkäufen in New York aus und erhielt echtes Wechselgeld. Nun wurde das Geldfälschen Ningers Haupterwerb: Das Papier legte er eine Stunde in dünnen, schwarzen Kaffee. Dadurch bekam es die richtige Farbe und den gebrauchten „Touch“. Dann legte Ninger die falsche Note nass auf eine echte und beides auf eine beleuchtete Glasplatte. Mit ausgefeilten Malwerkzeugen übertrug er peu à peu das Notenbild. Besondere Sorgfalt investierte er in das große Schatzamtssiegel. Eine Woche brauchte er für einen Schein, fälschte zeitweise auch 50- und 100-Dollar-Noten. Die Familie erfuhr nie von seinem Geheimnis, Ninger engagierte sich in der Gemeinde und lebte recht bescheiden. 13 Jahre lang blieb er unerkannt. Er produzierte 40.000 US-Dollar Falschgeld, heute wäre das eine gute Million. Doch am 27. März 1896 beging Ninger in einer New Yorker Bar einen Fehler, als er einen seiner falschen Fünfziger zum Wechseln auf den feuchten Tresen legte. Die Farbe der Rückseite löste sich, Ninger floh, wurde aber von einem Streifenpolizisten festgehalten. Auf der Wache gestand er. Er wurde, da er seine persönliche Notlage nach der Einwanderung zu Protokoll gab, zu nur sechs Jahren Haft verurteilt. Nach seiner vorzeitigen Entlassung im Jahr 1900 verliert sich Ningers Spur. Eine Anekdote bleibt: Bei der Verhandlung fragte ihn der Richter, warum er auf seinen Blüten den Copyright- Aufdruck des Washingtoner „Bureau of Engraving and Printing“ nicht imitiert habe. Darauf sagte Ninger, dass er fälschen, nicht lügen wollte, denn das Copyright der falschen Scheine läge ja bei ihm.

„Mister 880“ aus New York

Der Fall Nr. 880 beim amerikanischen Secret Service war kurios. Die Behörde ermittelte gegen einen Geldfälscher in New York, aber einen ziemlich dilettantischen. Er fälschte nur Ein-Dollar-Noten auf billigem Papier. Ein schwarzer Klecks neben dem Auge von George Washington und weitere Mängel fielen den Experten sofort auf. Doch Ein-Dollar-Noten prüfte in der Stadt kaum jemand genauer. Und Kleinvieh macht auch Mist. In der U-Bahn galt ein Fahrpreis von fünf Cent. Bezahlte der Gauner das Ticket mit seiner Blüte, hatte er mit dem Wechselgeld 95 Cent Gewinn gemacht. Bis Dezember 1939 waren über 600 solcher Blüten aufgetaucht, 1940 gerieten weitere in Umlauf. Der Fälscher gab sich nun mehr Mühe. Allerdings schrieb er versehentlich „Wahsington“ unter das Porträt des ersten US-Präsidenten. Gefasst wurde er trotzdem nicht. Tausende dieser Blüten verbreitete er bis Ende 1947.

Das wäre wohl so weitergegangen, hätte es nicht in einer kleinen Wohnung in der Upper West Side gebrannt. Die Feuerwehr stellte die verkohlten Gegenstände in einen Hausdurchgang. Kinder fanden das Gerümpel und spielten damit. Darunter waren Ein-Dollar-Noten und Druckplatten. Ein Vater brachte alles zur Polizei. Die stellte den ehemaligen Wohnungsbesitzer. Der Fälscher war überführt. Er hieß Emerich Juettner, war als junger Mann aus Österreich in die USA emigriert. Hier nannte er sich Edward Mueller.

Lange hatte er ehrlich gearbeitet, sich dann aber verspekuliert. Als er mit dem Geldfälschen anfing, war er schon 62, bezog eine geringe Rente. Die wollte er mit seinen Blüten ein bisschen aufbessern, wie er dem Richter sagte. Dazu fotografierte er eine echte Note, kopierte das Foto auf eine Zinkplatte und ätzte die Zeichnung in einem Säurebad ein. In einer kleinen mechanischen Handpresse entstanden dann die Ein-Dollar-Blüten. Verurteilt wurde Juettner zu einem Jahr und einen Tag Gefängnis sowie einen Dollar Geldstrafe. Aufgrund sei nes Alters kam er vorzeitig frei. Seine Lebensgeschichte wurde 1950 in „Mister 880“ mit Burt Lancaster verfilmt – und Juettner erhielt ein dickes Honorar.

30.000 japanische Polizisten verhörten mehr als 140.000 Personen. Doch der Fälscher ist bis heute unentdeckt.

Der Meisterfälscher aus Japan

Im Dezember 1961 wurde in einer Bank im japanischen Akita eine falsche 1.000 Yen-Note entdeckt. Die Fälschung war hochprofessionell, der Wert von 1.000 Yen entsprach allerdings etwa 10 D-Mark und so legte sich die Aufregung bald. In den folgenden Wochen aber tauchte die Blüte in etlichen weiteren japanischen Banken auf. Mitte 1962 ermittelten schon 18 Fachleute einer Sonderkommission der Polizei, fanden jedoch keine Spur des Täters. Dafür tauchten immer mehr und noch bessere Blüten auf: in Supermärkten, Kaufhäusern, Restaurants, Kinos und Taxis. Ein Gerichtsbeamter soll gar eine 1.000 Yen-Blüte in seiner Gehaltstüte entdeckt haben! Die japanische Polizei war so verzweifelt, dass sie landesweit eine Belohnung von 3.000 Yen, später sogar von 10.000 Yen, für jeden abgegebenen falschen Tausender ausrief. Der Geldfälscher fiel auf die Falle nicht herein, produzierte weiter. Bis 1963 verhörten 30.000 Polizisten 140.000 Mitarbeiter aus dem Papier-, Druck- und Gravurgewerbe in ganz Japan. Doch vom Täter keine Spur. Die Bank of Japan sah sich gezwungen, alle bisherigen 1.000 Yen-Noten außer Kraft zu setzen und eine neue Serie auszugeben: Mit dem Bildnis des ersten japanischen Premierministers Itō Hirobumi aus 22 Farben, die auf einen Hundertstel Millimeter genau gedruckt wurden – unter anderem mit neuen deutschen Druckmaschinen. Anfang 1964 erschienen die ersten 270 Millionen Scheine. Bei dem Umtausch konnten nun alle noch umlaufenden Blüten eingezogen werden. Japan atmete auf – für zwei Jahre. 1966 fälschte das Phantom wieder: diesmal den neuen Tausender. Doch an dem komplexen Druckbild scheiterte er. Nur wenige Stücke brachte er in Umlauf, die schnell entdeckt wurden. Dann gab er auf und verschwand – unentdeckt und unbestraft.

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Die Bilder in diesem Beitrag..

... zeigen Themen aus der Ausstellung Bild Schrift Codes: Hier geht es zwar nicht ums Geldfälschen, aber um das Fälschen von Information und Identität. Die Ausstellung zeigt viele interessante Techniken, wie wir Daten sicher oder geheim halten und welche Rolle die Kryptologie spielt, wenn es darum geht, die Identität eines Absenders in Form eines digitalen Fingerabdrucks sicherzustellen.

Autor/in

Christian Rauch

Christian Rauch hat Elektro- und Informationstechnik an der Technischen Universität München studiert. Nachdem er zehn Jahre in der Mobilfunkindustrie arbeitete, ist er seit 2010 als freier Journalist in den Themenbereichen Wissenschaft und Technik, sowie Kultur und Tourismus tätig. Er hat mehrere Reise- und Bergbücher geschrieben.
Sein Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum:
Die Raumfahrt-Ausstellung ganz oben! Durch die helle Luftfahrthalle geht es weit hinauf in die dunklen Räume. Dort kann man als erstes am Globus unsere und andere Welten erkunden und im „Atmosphären-Fahrstuhl“ realisieren, wie interessant und kostbar unsere irdische Luftfülle ist, die uns mit Leben versorgt. Und dann zeigen viele Exponate, mit welchen Wunderwerken der Technik wir diese schützende Hülle verlassen haben – bis zum Mond.