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Neuzugang mit bewegter Geschichte: Das Forschungsflugzeug „D-IBUF“, eine Do 128-6 der TU Braunschweig, ist am Sonntag in Schleißheim angekommen.

Ein Forschungsflugzeug landet im Museum: Die Dornier Do 128-6 „D-IBUF“

Das Deutsche Museum zeigt bereits einige Forschungsflugzeuge, die verschiedensten Aufgaben dienten – vom fliegenden Steuerungs-Simulator „ATTAS“ bis hin zur deutsch-amerikanischen X-31 mit Schubvektorsteuerung. Nun gesellt sich ein weiteres Flugzeug mit bewegter Geschichte hinzu: Die Dornier Do 128-6 „Turbo Skyservant“, die mit dem Kennzeichen „D-IBUF“ bis zuletzt fast 35 Jahre für die TU Braunschweig als Testflugzeug und fliegender Hörsaal im Einsatz war.

Angesicht der beiden lautstarken Turbinen, mit deren Hilfe die „D-IBUF“ aus eigener Kraft in die Flugwerft Schleißheim geflogen ist, mag es etwas überraschend sein, dass der Grund für den Einbau dieser Triebwerke war, dass diese leiser sind, als die Kolbenmotoren, die sie ersetzten. Doch beginnen wir am Anfang.

Mit der Dornier Do 28D „Skyservant“ hatte Dornier in den 1960er-Jahren ein zweimotoriges Transportflugzeug entwickelt, das über exzellente Kurzstart- und -lande- sowie gutmütige Flugeigenschaften verfügte. Drei Prototypen wurden in Neuaubing gebaut, die Serienfertigung erfolgte schließlich in Oberpfaffenhofen. Größter Abnehmer wurde die Bundeswehr, die zwischen 1971 und 1995 über insgesamt 125 Exemplare verfügte. Mit einer Zuladung von rund 1,5 Tonnen oder zwölf Passagieren wurde sie für Transport- und Verbindungsaufgaben verwendet. Sie erhielt in der Truppe den wenig schmeichelhaften Beinamen „Bauernadler“.

Die verwendeten Triebwerke, Kolbenmotoren des Hersteller Lycoming, hatten jedoch entscheidende Nachteile. Zum einen benötigten sie das Flugbenzin AvGas – dieses war nicht an jedem Flughafen verfügbar. Zum anderen entwickelten sie eine Geräuschkulisse, die ihres gleichen suchte. Zudem bedeuten Kolbenflugmotoren einen generell höheren Wartungsaufwand. Daher wurde eine Umrüstung auf moderne Propellerturbinen in Betracht gezogen. Nach mehreren Tests fiel bei Dornier die Wahl auf die weit verbreitete Turbine des Typs Pratt & Whitney PT6A. So umgebaute Flugzeuge waren leiser und konnten mit dem besser verfügbaren Kraftstoff Kerosin betankt werden. Mit dem Triebwerk änderte sich auch die Bezeichnung des Flugzeugs: die etwa 30 gebauten Flugzeuge wurden als Do 128-6 bezeichnet.

Der Prototyp war aus einer umgebauten Do 28D entstanden, die 1978 erstmals geflogen war – äußerlich unterschieden sich die beiden Varianten nur durch die Triebwerke. Dieser erste Prototyp wurde unsere „D-IBUF“. Erstmals stieg sie 1980 mit neuen Triebwerken in die Luft und wurde eingehend getestet. 1982 führte der Hersteller sie auf der Luftfahrtmesse ILA in Hannover vor, wo dem Publikum sogar Kunstflugmanöver präsentiert wurden. Im folgenden Jahr erwarb das Alfred-Wegener-Institut (AWI) dieses Flugzeug und taufte es auf den Namen POLAR 1. Für den geplanten Einsatzzweck in der Antarktis wurde das Fahrwerk mit Kufen ergänzt, um so auch auf Eis und Schnee landen und starten zu können. Hinzu kamen die wichtige Enteisungsanlage sowie ein Radar. Für die Weiten der Antarktis erwies sie sich letztlich trotzdem als ungeeignet. Zu langsam, zu geringe Reichweite. Kurzum: Der neueste Typ aus dem Haus Dornier, die Do 228, war ihr in allen Belangen im direkten Vergleich überlegen.

Das AWI hatte eine solche ebenfalls dabei. Sie flog parallel als POLAR 2. Die „D-IBUF“ wurde abgestellt und durch die POLAR 3, eine weitere Do 228, ersetzt [1].
Auf dem Werksgelände von Dornier zwischengelagert wurde sie 1984 Opfer eines Hagelunwetters, sodass ihre Oberfläche komplett erneuert werden musste [2]. Erst 1986 kaufte die TU Braunschweig das Flugzeug in der Absicht, die eigene Do 28D – diese steht inzwischen im Luftfahrtmuseum Wernigerode – als Forschungsflugzeug zu ersetzen. Die Vorstellung, die Testausrüstung unkompliziert von einem Flugzeug ins andere übertragen zu können, konnte trotz der beinahe baugleichen Rümpfe nicht umgesetzt werden. Da die notwendige Dokumentation zu den Einbauten im älteren Flugzeug fehlte, machte die Bürokratie diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Der Umbau dauerte so bis 1987.

Ende des Jahres konnte dann die erste meteorologische Messkampagne durchgeführt werden, wofür das Flugzeug an die französische Atlantikküste verlegt wurde. In den folgenden Jahren kam die „D-IBUF“ auch weiterhin europaweit zum Einsatz. Messeinsätze wurden vom Nordpolarmeer bis zum Mittelmeer geflogen. Die „D-IBUF“ gastierte neben Frankreich in Finnland, Norwegen, dem Vereinigten Königreich, Spanien und der Schweiz. Zumeist wurden Wetterphänomene untersucht oder Atmosphärendaten erhoben. Hinzu kamen Aufgaben für das Institut für Flugführung (IFF) der TU Braunschweig, dem das Flugzeug offiziell gehörte. Dabei handelte es sich um Erprobungen von Navigationssystemen, Tests von Sensoren und Aerogravimetrie zur Erforschung der Erdkruste. Zudem nutzten Studierende der TU Braunschweig und verschiedenen Partner-Universitäten das Flugzeug als „fliegendes Klassenzimmer“ für eigene Experimente.

Die Messtechnik ist von außen besonders am langen Mast an der Nase des Flugzeugs erkennbar. An diesem sind die Messgeräte so weit vor dem Flugzeug, dass die anströmende Luft noch nicht von diesem beeinflusst wird – die Messergebnisse werden also nicht verfälscht. Nach Bedarf konnten am Flugzeug weitere Sensoren und Sensorbehälter montiert werden. Mit der „D-IBUF“ kamen Fernthermometer, Strahlungssensoren, verschiedenste Kameras, Windmessgeräte, Wolkenwassersammelbehälter, sowie Radio- und Laser-Höhenmesser zum Einsatz. Die Ausrüstung konnte für jede Mission speziell zusammengestellt werden. Darunter waren auch spezialisierte Geräte, wie etwa Fallsonden. Durch den rechteckigen Rumpf konnte der Platz im Inneren ideal für die zumeist ebenfalls rechteckigen Messgeräte und Rechner ausgenutzt werden. Die Fluggeschwindigkeit, die dem AWI noch zu niedrig war, kam dabei der Genauigkeit der Messergebnisse zu Gute, denn sie fielen engmaschiger aus.

Nach 35 Jahren im Dienste der TU Braunschweig ist nun die Zeit für eine Ablösung durch ein moderneres Flugzeugmuster gekommen. Die zweimotorige Cessna F406 mit dem Kennzeichen „D-ILAB“ wird die Aufgaben der „D-IBUF“ übernehmen. In der letzten Phase wurden beide Flugzeuge kurzzeitig parallel eingesetzt, um eine reibungslose Übergabe der Messtechnik sicherzustellen. Die letzte flugfähige Do 128-6 in Deutschland darf ihren Ruhestand in der Flugwerft Schleißheim des Deutschen Museums verbringen und kann von – hoffentlich vielen – Interessierten besucht werden.

[1] Die Tragik der Geschichte führte dazu, dass dieses Flugzeug 1985 beim Rückflug vom Südpol über Nordafrika abgeschossen wurde und durch eine dritte Dornier Do 228, die POLAR 4, ersetzt werden musste. Bei dem Abschuss kam die dreiköpfige Besatzung ums Leben.

[2] Wer sich in der Flugwerft Schleißheim genau umschaut, wird von diesem Ereignis noch Spuren finden. Das Unwetter, das München und Umgebung im Juli 1984 heimsuchte, beschädigte auch die Dornier Do 31 des Deutschen Museums. Sie stand zu diesem Zeitpunkt nämlich noch nicht in der Flugwerft Schleißheim – diese gibt es erst seit 1992. Als Meisterwerk der Technik stand sie im Museumshof auf der Museumsinsel und war dem Hagel ausgeliefert. Davon zeugen bis heute Beulen auf der Oberseite des Senkrechtstarters.

Weiterführende Lektüre:

Horst W. Laumanns: Forschungsflugzeuge. Fliegen für die Wissenschaft. Stuttgart 2015.

Fabian Lührs, Florian Szczepanek: Research Aircraft D-IBUF of Technische Universität Braunschweig. Online verfügbar: www.aviation-media.com/Reports/Reports-2020/Do-128-6-D-IBUF; letzter Zugriff am 08.10.2021. Gekürzte Fassung auch im Fliegermagazin 05/21.

Autor/in

Phillip Berg

Phillip Berg hat Geschichte und Literaturwissenschaft studiert und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Moderne Luftfahrt ab 1945. Dort ist er insbesondere mit der Neugestaltung der Dauerausstellung Moderne Luftfahrt beschäftigt.

Sein Tipp für einen Besuch im Museum: Da im Moment der Großteil der Luftfahrt-Exponate ausgelagert wurde, empfehle ich, die S-Bahnfahrt nach Oberschleißheim in Kauf zu nehmen. Die dortige Flugwerft Schleißheim beheimatet eine Vielzahl von spannenden (Forschungs-)Flugzeugen. Eigentlich ist für jeden etwas dabei!