Damit nicht genug. Die Kapseln hatten noch keine Bremsraketen, daher mussten sich die WOSTOK-Kosmonauten mit einem Schleudersitz in ca. 7000 m Höhe ausschießen und am Fallschirm landen. Am 16. Juni 1963 war es für Walentina Tereschowa soweit. Zwei Tage vorher war ihr Kosmonauten-Kollege Bykowski mit WOSTOK 5 gestartete. Man wollte so das unterschiedliche Verhalten von Mann und Frau in der Schwerelosigkeit untersuchen. Tatsächlich kamen sich die beiden Raumschiffe WOSTOK5 und WOSTOK6 mit Walentina Tereschkowa bis auf 5 km nahe, aber nur für kurze Zeit.
Frau Tereschkowa arbeitete zunächst als Zuschneiderin und Büglerin in einem Spinnerei-Kombinat. Sie machte nebenbei abends ihre Ausbildung zur Technikerin. Privat war sie begeisterte Fallschirmspringerin.
Da es nur wenig russische Pilotinnen gab, suchte man bei den Fallschirmspringerinnen nach geeigneten Kandidatinnen für einen Weltraumflug. 1993 hatte ich die Gelegenheit in Moskau die WOSTOK6 Landekapsel und Teile des Schleudersitzes zu besichtigen. Beides hat mir größte Hochachtung vor der Leistung Tereschkowas eingeflößt.
Walentina Tereschkowa ging es bei ihrem Flug nicht besonders gut, sie wurde von der "Raumkrankheit" heimgesucht. Das ist keine Krankheit sondern nur eine kurzfristige Reaktion des Körpers auf die ungewohnte schwerelose Umgebung. Gut die Hälfte aller Astronauten hatte damit zu kämpfen. Beim ersten Raumflug weiß man aber nicht ob es einen erwischt.
Jedenfalls ging es Tereschkowa so schlecht, dass sie zeitweise nicht auf Funksprüche reagierte und nur einen Teil des geplanten Programms durchführen konnte. Die Landung ging aber trotz aller Probleme gut über die Bühne. Tereschkowas Flug hatte erhebliche Konsequenzen für die Chancen potentieller weiblicher Raumflug-Anwärterinnen. Ab sofort galten Frauen als nicht raumflugtauglich, die Amerikaner hielten sich zunächst vorsichtigerweise auch an diese Erkenntnis. Es sollte unglaubliche 20 Jahre dauern, bis Amerikaner und Russen den Frauen wieder eine Chance gaben mit Sally Ride und Swetlana Sawizkaja.