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Drahtiger Oberkörper, hölzerner Unterbau: Im Moment hat das Modell nur sehr entfernte Ähnlichkeit mit einem Flötenspieler. Allein die Haltung der metallenen Arme mit den Holzhänden verrät, was die Figur einmal machen soll. Sie soll tatsächlich eine Flöte spielen - und sie soll vor allem in der neuen Ausstellung „Robotik“ die frühen Entwicklungen auf diesem Gebiet dokumentieren. „Unser Flötenspieler geht zurück auf ein mechanisches Musikinstrument aus dem neunten Jahrhundert nach Christus“, erklärt Projektleiter Frank Dittmann, „wir brauchten nämlich ein Objekt, um die lange Tradition der Idee eines künstlichen Menschen darzustellen.“ Für die Ursprünge in der Antike steht eine Wasseruhr, danach kam chronologisch erst wieder der predigende Mönch aus dem 16. Jahrhundert. Genau dazwischen passt zeitlich nun der Flötenspieler.
 

Dittmann hatte eine Rekonstruktion des Apparats bereits vor Jahren im Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften in Frankfurt entdeckt. „Aber da war mir die Ausstattung mit Turban, Kleidung und Messing viel zu üppig.“ Für die neue Robotik im Deutschen Museum geht es Dittmann vor allem ums Prinzip der Nachahmung menschlicher Tätigkeiten durch Mechanik: „Deswegen wird bei uns die Gestalt auch sehr zurückgenommen, stilisiert, ohne Kleider und ganz in Weiß.“

Dafür, dass der Flötenspieler dann genau dieses Prinzip verkörpert, sorgt Werkstattleiter Franz Huber mit seinem Team. Für die Mechanik des neuen Flötenspielers sind beispielsweise Wolfgang Heinrich und Gudrun Lühring zuständig. Ersterer ist schon von der Ur-Idee über die ersten Funktionstest bis zur Konstruktion dabei und kümmert sich um den Oberbau samt Instrument und Händen. Von dort führen dünne Seilzüge in den Unterbau zu Lührings Konstruktion von Scheiben mit Stiften, die mit einer Kurbel bewegt und dann mit gelagerten, drehbaren Hebeln abgetastet werden. So werden die Finger gehoben und gesenkt. „Die Flöte und die Hände müssen allerdings noch ein bisschen größer werden, damit man auch was sieht“, sagt Projektleiter Frank Dittmann.

Insgesamt beschäftigt der Flötenspieler eine Menge  Menschen im Museum: Gerade gestaltet die Bildhauerin Elisabeth Straßer seine neuen Hände aus Polyurethan. Die Figur wird einen Korpus aus Gips bekommen und Hinterkopf und Gesicht werden ebenfalls aus Gips – voraussichtlich aber mit Spezialbeschichtung als Schalen – modelliert. So bleibt die Mechanik im Inneren leichter zugänglich. Feinmechanikerin Gudrun Lühring wird ihre Scheiben auch noch einmal für das Endprodukt aus Corian – einem „ganz speziellen, wunderschönen Verbundstoff“ – fertigen. Währenddessen arbeitet Wolfgang Heinrich unter anderem an der perfekten Flöte. Und auch Modellbauer und Maler – quasi fast sämtliche hauseigene Werkstätten - kommen noch zum Einsatz, bevor der Flötenspieler seinen hat.

Das könnte allerdings schon sehr bald sein. „Ab nächsten Monat stehen für die Werkstatt schon die nächsten Projekte an“, sagt Franz Huber. Die neue Robotik-Ausstellung soll erst 2019 eröffnen. Und in der Zwischenzeit? „Wir bauen gerade im Zentrum Neue Technologien eine Roboter-Arena auf, vielleicht stellen wir den Flötenspieler dann zum Test dazu“, sagt Frank Dittmann und fügt hinzu: „Falls das nicht klappt, kommt er in einer Kiste ins Depot zu unserem Golem.“ Was dieses Wesen wiederum mit der Robotik zu tun hat, das wird eine andere Geschichte …

Autor/in

Sabine Pelgjer

Hat nach dem Studium der Kunstgeschichte bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet, zuletzt als Chefin vom Dienst bei der Münchner tz.

Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Mit Spaß rechnen! Auch wenn man an Mathematik aus Schulzeiten vielleicht nicht die besten Erinnerungen hat – in unserer Ausstellung findet jeder schnell einen Draht zur „Kunst des Lernens“, wofür der Begriff aus dem Altgriechischen steht. Mit vielen Spielen, wunderschönen Instrumenten und Modellen oder faszinierenden optischen Täuschungen werden Dimension, Perspektive und Symmetrie leicht begreifbar.