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Von Florian Türkes

Die Sammlung „Kryptologie“ des Deutschen Museums konnte überraschend durch ein bedeutsames neues Objekt ergänzt werden. Am 10. Oktober konnten wir während einer Auktion des renommierten Hauses Christie’s in London eine absolute Rarität ersteigern – ein mechanisches Schlüsselgerät vom Typ SG-41Z.

Die SG-41-Reihe kryptographischer Geräte, produziert gegen Ende des Zweiten Weltkriegs von den Wanderer-Schreibmaschinenwerken in Chemnitz, sollte die weitaus bekanntere elektromechanische ENIGMA-Familie ablösen. Bereits vor dem Kriegsausbruch im September 1939 war von den Alliierten in die ENIGMA-Verschlüsselung eingebrochen worden. Besonders polnische und später, während des Krieges, britische Kryptoanalytiker waren hier federführend. Da dies unter äußerster Geheimhaltung geschah, schöpfte das Oberkommando der Wehrmacht nicht sofort und auch nur in begrenztem Maße Verdacht, dass die Alliierten den deutschen Funkverkehr im großen Stil abhörten und dechiffrierten. Die SG-41-Reihe sollte diesen Verdacht endgültig begraben, kam aber aufgrund kriegsbedingten Materialmangels und einiger konstruktiver Eigenheiten nie zu einem flächendeckenden Einsatz. Die zahlenmäßig äußerst überschaubaren bekannten Quellen lassen darauf schließen, dass vielleicht 500 Exemplare tatsächlich ausgeliefert wurden (die Zahl der ENIGMAs im Front- und Etappeneinsatz geht leicht in die Zehntausende). Die SG-41 war offenbar kryptologisch sicherer als die ENIGMA, was wohl auch mit der leichteren Bedienbarkeit zusammenhing. Statt über aufleuchtende Einzelbuchstaben erfolgten sowohl Ein- als auch Ausgabe bei der SG-41 über Papierstreifen. Da das Gerät rein mechanisch durch Drehen einer Handkurbel in Gang gesetzt wurde, erhielt es den Spitznamen „Hitlermühle“.

Die Chiffre der SG-41-Maschinen wurde nach derzeitigem Forschungsstand nie von den Alliierten gebrochen. Die wenigen noch existierenden anderen Maschinen der SG-41-Reihe wurden in den letzten Kriegsmonaten von alliierten Einheiten erbeutet und befinden sich zum größten Teil in den USA und Großbritannien.

Das von uns ersteigerte Gerät – ein Subtyp für den Wetterdienst der Wehrmacht, der nur Zahlen verschlüsselte, keine Buchstaben – stammt offenbar aus einem Erd- oder Wasserfund (die genaue Provenienz muss noch geklärt werden), war daher stark korrodiert und wurde vom Vorbesitzer aufwendig restauriert. 

Gegenwärtig konzipiert das Deutsche Museum eine neue Dauerausstellung zum Thema Kryptologie, die durch die SG-41Z als Exponat bereichert werden könnte.

Florian Türkes ist Wissenschaftlicher Volontär am Deutschen Museum und unter anderem an der Konzeption der neuen Kryptologie-Dauerausstellung im Rahmen der Zukunftsinitiative beteiligt.

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Gastblogger

Immer wieder schreiben Gäste im Blog - Informationen zu diesen Autorinnen und Autoren finden sich im jeweiligen Beitrag. Als Gastblogger schrieben in letzter Zeit: <link 12873 - internal-link-new-window "Opens internal link in new window">Jutta Schlögl</link> war als Physik-Ingenieurin im Bereich Technische Entwicklung tätig und ist seit 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin des Deutschen Museums. Sie leitet das Projekt Experimentier-Werkstatt.Dorothea Föcking ist Hamburger Abiturientin und macht ein zweimonatiges Praktikum im Vorbereitungsteam der Sonderausstellung "Anthropozän". Ihr Tipp für einen Besuch im Deutschen Museum: Bei einem Museumsbesuch sollte man unbedingt Halt in der <link 81 - more>Pharmazie-Ausstellung</link> machen, um in das Innere der riesigen, gemütlichen Zellnachbildung zu schauen.